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Interaktionsarbeit

Es mangelt bei Arbeitsgestaltung und Anerkennung

Der DGB-Index Gute Arbeit weist in seinem aktuellen Report auf Anerkennungsdefizite bei der Arbeit mit Menschen hin. Viele der befragten Beschäftigten fühlten sich mit den psychischen Anforderungen ihrer Arbeit allein gelassen und unfair entlohnt.

Im Zeitalter der Digitalisierung verliert die Arbeit mit Menschen zunehmend an Bedeutung – könnte man meinen. Aber das Gegenteil ist der Fall: die zunehmende Arbeit mit Menschen gehört ebenso zum Wandel der Arbeitswelt. Bereits heute ist bei knapp zwei Drittel der Beschäftigten die tägliche Arbeit durch häufige Kontakte zu KundInnen, PatientInnen oder KlientInnen geprägt. Welche Auswirkungen dies für die Beschäftigten hat, zeigt der aktuelle Report des DGB-Index Gute Arbeit.

Mit der repräsentativen Erhebung zum DGB-Index Gute Arbeit werden seit 2007 die abhängig Beschäftigten jedes Jahr zu den Merkmalen ihrer Arbeitsqualität und einem Schwerpunktthema befragt. An der Befragung 2018 haben sich über 8.000 Beschäftigte beteiligt.

Der Themenschwerpunkt für 2018 lag auf der Interaktionsarbeit, also der Arbeit mit Menschen. Zu den zentralen Befunden gehört, dass die Arbeit mit Menschen zu wenig Beachtung sowohl bei der Arbeitsgestaltung als auch bei der Entlohnung erfährt. Die Ergebnisse zeigen darüber hinaus, dass Interaktionsarbeit in allen Branchen vorkommt. Sowohl im Dienstleistungssektor (70 Prozent) als auch im produzierenden Gewerbe (45 Prozent). So berichten beispielsweise auch Beschäftigte aus der Metallerzeugung und -bearbeitung (35 Prozent) über häufigen (direkten) Kontakt mit KundInnen.

Cover DGB-Index Gute Arbeit 2018

DGB-Index Gute Arbeit - Der Report 2018

Themenschwerpunkt: Interaktionsarbeit

Download des Reports als pdf

Website DGB Index Gute Arbeit

Gedruckte Exemplare können über bestellungen.bvv@dgb.de bestellt werden.

Grafik Emotionale und psychische Anforderungen bei  Interaktionsarbeitenden (in Prozent)

Interaktionsarbeit hat spezifische Arbeitsanforderungen

Die Arbeit mit Menschen hat für die Beschäftigten spezifische Auswirkungen auf ihre Arbeitsbedingungen. Dazu gehören u. a. Arbeitssituationen die sie nicht vorhersehen können (62 Prozent) oder auch Konflikte und Streitigkeiten mit KundInnen (18 Prozent). Insbesondere die emotionalen und psychischen Anforderungen sind für die Interaktionsarbeitenden von besonderer Bedeutung. So müssen Beschäftigte z. B. häufig ihre Gefühle verbergen (35 Prozent), werden herablassend behandelt (11 Prozent) oder müssen Leistungen anbieten, von denen sie nicht überzeugt sind (9 Prozent).

Die hohen emotionalen Anforderungen bleiben für die Beschäftigten nicht folgenlos. Jeder Sechste berichtet (sehr) häufig über psychisch belastende Erlebnisse. Besonders betroffen sind Beschäftigte aus den Branchen Sozialwesen (41 Prozent), Erziehung und Unterricht (30 Prozent) sowie der öffentlichen Verwaltung (27 Prozent).

Die Branchenzugehörigkeit der Beschäftigten ist aber keineswegs allein ausschlaggebend für die gesteigerten psychischen Arbeitsanforderungen bei der Interaktionsarbeit. Ebenso beeinflussen die Rahmenbedingungen, wie z. B. eine hohe Arbeitsverdichtung (24 Prozent), widersprüchliche Anforderungen in der Arbeit (30 Prozent) oder auch Qualitätsabstriche bei der Arbeitsausführung (35 Prozent) die Wahrscheinlichkeit von psychisch belastenden Erlebnissen deutlich.

Oft fehlen Unterstützungsangebote für psychisch belastende Erlebnisse

Zur Erhaltung der Beschäftigtengesundheit sind betriebliche Unterstützungsangebote bei psychisch belastenden Erlebnissen hilfreich, beispielsweise durch Beratungsangebote, zusätzliche Erholungszeiten oder Weiterbildungsangebote. Bei zwei Drittel der Betroffenen sind solche Angebote jedoch gar nicht oder nur in geringem Maß vorhanden. Im Branchenvergleich zeigt sich, dass insbesondere Beschäftigte im Handel (85 Prozent) und aus dem Bereich Erziehung und Unterricht (74 Prozent) mit psychisch belastenden Erlebnissen oftmals allein gelassen werden.

Grafik Betriebliche Unterstützung in sehr hohem Maße bei psychisch belastenden Erlebnissen unter Interaktionsarbeitenden (Vergleich von Betrieben mit und ohne Arbeitnehmervertretung)

Übrigens: In Betrieben mit Betriebs- oder Personalrat ist die Unterstützung bei psychisch belastenden Erlebnissen deutlich ausgeprägter. Ohne einen Betriebs- oder Personalrat berichten nur 25 Prozent der Interaktionsarbeitenden über eine Unterstützung in (sehr) hohem Maß. In Betrieben die mitbestimmt sind, sind es hingegen 36 Prozent.

Die besonderen Anforderungen und Belastungen, die die Arbeit mit Menschen mit sich bringen, werden aus Sicht der Beschäftigten finanziell nur unzureichend anerkannt. Über drei Viertel der Beschäftigten sehen diese Aspekte bei ihrem Einkommen gar nicht oder kaum berücksichtigt. Hier sind zum Beispiel die Beschäftigten in der Alten- und Krankenpflege zu nennen, die die spezifischen Herausforderungen des Umgangs mit PatientInnen und deren Angehörigen ganz überwiegend nicht angemessen honoriert sehen (s. Sonderauswertung Arbeitsbedingungen in der Alten- und Krankenpflege 2018).

Die Befunde des Reports 2018 zeigen die enormen Anerkennungsdefizite bei der Arbeit mit Menschen. Mit den besonderen emotionalen und psychischen Anforderungen der jeweiligen Tätigkeit werden viele Beschäftigte allein gelassen. Um die Arbeitsbedingungen in diesen Bereichen zu verbessern braucht es sowohl eine gesundheitsförderliche Arbeitsgestaltung, als auch eine verbesserte finanzielle Wertschätzung. Eine Aufwertung der Rahmenbedingungen kommt nicht nur den Beschäftigten zugute, sondern auch den beteiligten PatientInnen, KlientInnen und KundInnen.

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