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Mensch oder Maschine? Wer steuert wen?

Zweifellos entlastet der technologische Fortschritt an vielen Stellen die Beschäftigten. Er kann aber auch das Wesen von Arbeit verändern. Dient die Technik noch dem Menschen, oder der Mensch der Technik? Die Frage beantworten Prof. Dr. Kerstin Jürgens, Kommission Arbeit der Zukunft, und der Algorithmus-Experte Dr. Andreas Dewes.

Frage 16

 

 

Kerstin Jürgens

Mitbestimmung schafft Technik, die dem Menschen dient

Prof. Dr. Kerstin Jürgens, Vorsitzende der Kommission Arbeit der Zukunft

"Der technologische Fortschritt bringt viele Vorteile für den Menschen mit sich, von der Entlastung von schweren oder monotonen Arbeiten bis hin zu neuen Chancen auf Teilhabe z. B. für behinderte Menschen. Die Erforschung der Künstlichen Intelligenz schreitet schnell voran, und mit hochkomplexer Software und sensibler Robotik verarbeiten Maschinen schon heute komplexe Daten. In der Arbeitswelt erhöht das die Effizienz und das Tempo des Arbeitens, vielfach entstehen dadurch Freiräume für Kreativität.

Zugleich aber sind intelligente Maschinen auch in der Lage, den Menschen Anweisungen zu geben und sie umfassend zu kontrollieren. Dies macht eine Klärung darüber erforderlich, wofür neue Technologien zum Einsatz kommen sollen – in der Gesellschaft, vor allem aber in der Arbeitswelt. In einem solchen Strukturwandel, wie ihn die Digitalisierung seit einigen Jahren vorantreibt, wird die gewerkschaftliche Mitbestimmung in den Betrieben immer wichtiger, denn sie erkundet und vertritt in solchen Prozessen die Interessen der Beschäftigten, wenn es darum geht auszuhandeln, wie die Bedingungen des Arbeitens in Zukunft aussehen sollen.

An vielen Stellen wird bereits deutlich, dass einige der bislang erreichten Standards 'guter Arbeit' in Frage gestellt werden. Hier ist auch die Forschung gefragt, sich mit Erkenntnissen Gehör zu verschaffen, wenn Standards zur Disposition stehen, die nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für die Gesellschaft vorteilhaft waren und sind. Für die betriebliche Praxis zeigt sich: Transparenz im Einsatz neuer Technologien und Mitsprache bei allen anhängigen Prozessen wird unabdingbar, wenn der technologische Fortschritt akzeptiert und ein soziales und wirtschaftliches Erfolgsmodell werden soll. Der Gesetzgeber muss daher prüfen, ob die geltenden Regelungen hierfür auf der Höhe der Zeit sind."

 

 

Andreas Dewes

Wir brauchen das Recht auf Datentransparenz

Dr. Andreas Dewes, QuantifiedCode

"Intelligente Algorithmen übernehmen immer mehr Aufgaben, die vorher von Menschen ausgeführt wurden, und treffen dabei auch Entscheidungen, die signifikante Auswirkungen auf unser Leben haben können. Dies birgt Risiken, schafft aber auch enorme Chancen, beispielsweise bei der Vermeidung von Unfällen durch den Einsatz selbstfahrender Fahrzeuge. Ein Algorithmus ist in diesem Sinne nur ein Werkzeug, das gezielt programmiert wird um eine oder mehrere Zielgrößen mithilfe von Eingabedaten zu optimieren. Die Entscheidungen, die der Algorithmus trifft, hängen davon ab, welche Ziele wir ihm geben und welche Daten wir ihm zur Verfügung stellen.

Um Algorithmen sinnvoll kontrollieren zu können, brauchen wir daher zumindest folgende Dinge: Kenntnis über die Art und den Umfang der Eingabedaten, das eingesetzte Verfahren, die festgelegten Zielgröße(n) sowie die Möglichkeit, das Verhalten des Algorithmus mit selbstgewählten Daten zu testen. Analog zur informationellen Selbstbestimmung müssen wir hierfür Gesetze schaffen, die es Einzelpersonen und Vertreter-Organisationen ermöglichen, Zugang zu diesen Informationen zu erhalten. Bereits jetzt beeinflussen und kontrollieren uns Algorithmen auf vielfältige und oft subtile Art, z. B. indem sie uns beim Besuch von Webseiten bestimmte Informationen zeigen oder vorenthalten. Um diese Art der unsichtbaren Kontrolle sichtbar zu machen, brauchen wir das Recht auf Transparenz von Daten und Verfahren."

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