Tagesreinigung attraktiv gestalten
Reinigungspersonal empowern und qualifizieren
Die Gebäudereinigung kämpft gegen ihr schlechtes Image. Die Umstellung auf Tagesreinigung macht die Branche für viele Beschäftigte attraktiv, stellt aber hohe Anforderungen an das Reinigungspersonal.

Ihre Arbeit bleibt oft unsichtbar. Reinigungskräfte sind vorwiegend nachtaktiv: Ihre Arbeit beginnt dann, wenn die meisten anderen Beschäftigten ihren Feierabend antreten oder morgens ihr Frühstück zubereiten. Und sie ist vielfach unattraktiv: Die Gebäudereinigungsbranche gilt als Niedriglohnsektor, die Arbeit ist oft monoton, psychisch und physisch sehr belastend und wird gesellschaftlich wenig anerkannt, aber als selbstverständlich angesehen. In ihr überwiegt unfreiwillige Teilzeit (zumeist Minijobs), die nicht existenzsichernd ist, sie wird überwiegend kleinteilig in kurzen Früh- und Spätschichten organisiert. Deshalb haben viele Beschäftigte mehrere Reinigungsjobs, um ihren Lebensunterhalt zu decken. Außerdem herrscht ständiger Zeitdruck und eine hohe Fluktuation bei im Prinzip fortwährender Personalnot.
Die Branche verfügt zugleich aber über eine starke Integrationskraft: Hier finden viele einen Job, die anderswo keine Chance haben, denn die formalen Zugangsvoraussetzungen sind gering. Und ebenfalls hier erleben sie soziale Begegnungen mit Menschen aus verschiedenen Nationen, mit unterschiedlichen Berufserfahrungen, kulturellem Hintergrund und Sprachen, mit denen sie sich verständigen müssen.
Tagesreinigung als attraktives Zusatzangebot
Seit einigen Jahren versuchen zahlreiche Unternehmen, den Personalengpässen bei der täglichen Unterhaltsreinigung durch neue Reinigungskonzepte zu begegnen, die die Branche insgesamt attraktiver machen sollen. Dazu gehört die Umstellung auf Tagesreinigung, die etwa in Norwegen bereits der Normalfall und in der Krankenhaus- und Hotelreinigung bereits gang und gäbe ist. Diese ermöglicht es Reinigungskräften unter anderem, umfänglichere Arbeitszeitkontingente zu vereinbaren, auf deren Basis sie ihren Lebensunterhalt mit einem Job bestreiten und gleichzeitig ihre beruflichen und privaten beziehungsweise familiären Ansprüche leichter unter einen Hut bringen können.
Für viele Beschäftigte ist die Tagesreinigung allerdings nicht einfach. Zwar gibt es hierfür bisher kein klares Anforderungsprofil. Aber die Tagesreinigung ist besonders, da sie – anders als die vorherrschende nächtliche oder frühmorgendliche Reinigung – parallel zum laufenden Betrieb des Kunden verläuft. So etwa können Revierpläne zur Reinigung eines Objekts mit den Tagesabläufen in dem darin befindlichen Büro kollidieren. In einem solchen Fall müssen die Tagesreinigungskräfte in der Lage sein, ihre Reinigungsaufgaben mit den Büroleuten abzustimmen. Das heißt beispielsweise: Sie müssen mit den betroffenen Bürobeschäftigten aushandeln, zu welchem Zeitpunkt die Reinigung, die meist nur wenige Minuten dauert, besser passen könnte. Dies erfordert kommunikative Fertigkeiten, organisatorisches Geschick und Know-how wie auch die Fähigkeit zu flexiblem, eigenständigem Handeln, damit die Reinigung reibungslos ablaufen kann und es vor Ort nicht zu Konflikten, Stress oder gar Übergriffen kommt.
Ohne professionelle Einweisung und berufliche Weiterbildung werden die meisten von ihnen diese Kompetenzen kaum erwerben. Dies ist die zentrale Erkenntnis des Projekts „Weiterbildungsbedarf bei Reinigungskräften zur Umsetzung von Tagesreinigung. Förderung von betrieblicher Reorganisation in der Unterhaltsreinigung“, das im Rahmen der Förderlinie Transformation der Hans-Böckler-Stiftung durchgeführt wurde.
Die Initiative für das Projekt kam von der ArbeitGestalten Beratungsgesellschaft GmbH in Berlin, die bereits seit 2016 am im Koalitionsvertrag des Berliner Senats verankerten Projekt „Joboption Berlin“ mitarbeitet. Dieses analysiert – vornehmlich in den Schwerpunktbranchen Gastronomie, Einzelhandel und Gebäudereinigung – unter anderem Arbeitsstrukturen, die prekäre Beschäftigung fördern, und erarbeitet in engem Kontakt mit Gewerkschaften, Betriebsräten und Beschäftigten Konzepte für Gute Arbeit. Es lieferte damit wichtige Basiserkenntnisse für das Anfang 2024 von ArbeitGestalten bei der Hans-Böckler-Stiftung beantragte und von der Förderlinie Transformation in Kooperation mit dem IG BAU Bezirksverband Berlin und der Berliner Gebäudereinigerinnung unterstützte Vorhaben. Dieses wurde dann im Zeitraum Juni 2024 bis Mai 2025 durchgeführt und von Viveka Ansorge und Elke Ahlhoff, beide von der ArbeitGestalten GmbH, geleitet. Als betriebliche Partner konnten ein mittelständisches, familiengeführtes Gebäudereinigungsunternehmen mit einer eigenen Weiterbildungsakademie, ein kleines ökologisch orientiertes Sozialunternehmen und ein Großunternehmen im Bereich der Gebäudereinigung gewonnen werden.
Das Projekt endete mit der Präsentation der Ergebnisse auf mehreren Veranstaltungen und mit der Bereitstellung eines Working Paper.
Anforderungsprofil der Tagesreinigung
Wie stark unterschiedet sich die Tagesreinigung von anderen Reinigungskonzepten und was müssen die Unternehmen beachten, um diese Arbeitsform als attraktive Alternative anbieten zu können? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Projekts. Der Fokus lag dabei darauf, zu erkunden, welche Anforderungen jeweils die Unternehmen, die Kund*innen und die Beschäftigten an eine Tagesreinigung, die sich an Kriterien Guter Arbeit bemessen soll, stellen.
Der inhaltliche Einstieg gelang über die Analyse von Annoncen in Online-Stellenbörsen und Ausschreibungen, einer wissenschaftlichen Literaturrecherche und mithilfe leitfadengestützter Interviews zunächst mit Betriebs- und Geschäftsleitungen, einem Verbandsvertreter der RAL Gütegemeinschaft Gebäudereinigung und einem Hochschuldozenten mit Schwerpunkt Gebäudereinigung. Später wurde der Kreis der Interviewten erweitert: auf Personalverantwortliche, Vorarbeiter*innen und Objektleiter*innen wie auch auf festangestellte und soloselbstständige Reinigungskräfte. Bis auf wenige Ausnahmen konnten die Interviews vis-a-vis, vor Ort oder am Arbeitsplatz durchgeführt werden.
Gefragt wurde insbesondere nach allgemeinen Anforderungen an die Unterhaltsreinigung und an die Tagesreinigung im Speziellen, nach Kundenwünschen und Aspekten der Kundenkommunikation wie auch nach Diskriminierungstatbeständen. Denn in der Tagesreinigung haben die Reinigungskräfte naturgemäß viel häufigeren und intensiveren Kundenkontakt. Die Interviewleitfäden wurden entsprechend dem neuesten Kenntnisstand immer wieder angepasst.
Am Ende kristallisierten sich vier Kategorien von Anforderungen beziehungsweise Kompetenzen heraus, die die Basis für ein Anforderungsprofil in der Tagesreinigung bilden könnten: Fachkompetenz (u. a. Kenntnisse über Betriebsabläufe, Kundenwünsche), Selbstkompetenz (u. a. Umgang mit Emotionen), Sozialkompetenz (u. a. Kooperationsbereitschaft, Verhandlungsführung), sonstige Kompetenzen (u. a. eigenständige Arbeitsorganisation).
Fachkompetenz
- Kenntnisse der Betriebsabläufe am Tag im Objekt
- Kenntnis Raumnutzung, ggf. relevante Ergebnisse aus der Gefährdungsbeurteilung beim Kunden (Arbeitssicherheit, Arbeitsschutz, Unfallverhütung)
- Erfahrung mit spez. Kundengruppen (Demenzkranke, Wissenschaft, Kinder und Jugendliche usw.)
- Kenntnisse der betrieblichen Hierarchie („Chefetage“)
Selbstkompetenz
- Umgang mit eigenen Emotionen
- Umgang mit den Emotionen anderer
Sozialkompetenz
- Aushandeln von Reinigungsangelegenheiten mit Objektnutzer*innen
- Kooperationsarbeit (Kooperationsbeziehung herstellen und pflegen)
Sonstiges
- Eigenständige Arbeitsorganisation (Methodenkompetenz)
- Kaufmännisches Verständnis für Leistungsverzeichnis/Auftragsakquise
Sensibel und selbstbewusst agieren können
In der betrieblichen Praxis, darauf wiesen die meisten Interviewten hin, bewegen sich Reinigungskräfte in der Tagesreinigung in zahlreichen Spannungsfeldern, die sich aus dem direkten Kundenkontakt ergeben. Besonders wichtig ist es daher, die sachlichen Handlungsgrundlagen – insbesondere den Revierplan und das Leistungsverzeichnis – genau zu kennen, um auf dieser Basis selbstbewusst und sozial kompetent in Konfliktsituationen mit dem Kunden Kompromisse aushandeln zu können.
Die Kenntnis von Revierplan und Leistungsverzeichnis ist vor allem deshalb wichtig, um sich vor spontan geäußerten Kundenwünschen zu schützen, die von diesen Handlungsgrundlagen nicht abgedeckt sind. Wer ständig gebeten wird, „schnell mal eben“ auch die Schubladen eines Schreibtisches mit oder die Verunreinigung am Fenster weg zu putzen, obwohl das vertraglich nicht vereinbart ist, setzt sich fortwährend selbst unter Zeitdruck und gerät in Stress, weil er oder sie durch die Übernahme zusätzlicher Aufgaben riskiert, das vorgesehene Pensum nicht zu schaffen.
Immer geht es aber auch darum, serviceorientiert reagieren zu können, zugleich aber auch fähig zu sein, überzogene Erwartungen oder gar Übergriffe derjenigen, die in den Reinigungsobjekten arbeiten, zurückzuweisen. Wird das Reinigungspersonal in einer Schule beispielsweise gebeten, die Sporthalle zu einem späteren Zeitpunkt zu säubern, da der Sportunterricht kurzfristig aufgrund von Starkregen in die Halle verlegt werden musste, so sollte es in der Lage sein, Verständnis für die neue Situation aufzubringen und flexibel seine Arbeit in anderen Bereichen fortzusetzen, um daran anschließend die Sporthalle zu reinigen.
Den Selbst- und Sozialkompetenzen kommt bei Reinigungskräften in der Tagesreinigung daher ein hoher Stellenwert zu. Das gilt insbesondere auch, um Diskriminierungen oder herablassenden Haltungen gegenüber Reinigungskräften begegnen zu können, insbesondere gegenüber Reinigungskräften mit migrantischem Hintergrund. Immerhin liegt der Anteil des Reinigungspersonals mit Migrationsgeschichte statistisch bei 55 Prozent. Deshalb ist auch Sprachkompetenz ein wichtiger Faktor, um in der Tagesreinigung bestehen zu können. Denn Tagesreinigung macht aus der herkömmlichen Reinigungsarbeit eine Form der Interaktionsarbeit.
Was ferner notwendig ist, ist die Fähigkeit, die eigene Arbeitstätigkeit in einem bestimmten Rahmen selbst zu organisieren. Sich einen anderen Arbeitsbereich vorzunehmen, wenn der eigentliche gerade blockiert ist, setzt voraus, den Arbeitsaufwand in beiden Bereichen abschätzen und vergleichen zu können; zu prüfen, ob die für den ursprünglichen Bereich vorgesehenen Reinigungsmittel auch für den neu eingeplanten Bereich passend und ausreichend sind; rechtzeitig zu erkennen, ob man die Überbrückungsaufgabe allein oder nur zusammen mit anderen Leuten schaffen kann.
Weiterbilden statt mitlaufen
Berufliche Weiterbildung für Reinigungskräfte – auch darüber geben die Interviews Auskunft – ist eher die Ausnahme denn die Regel. Wenn jemand Neues in das Reinigungsteam einsteigt, läuft er oder sie in der Regel erst einmal ein paar Tage mit den anderen oder mit dem/der Vorabeiter*in mit. Die so praktizierte Einweisung vermittelt allerdings bestenfalls Grundkenntnisse. Da es in der Branche keinen Meisterzwang und damit keine klare Zuständigkeit für die Qualität der Einarbeitung und Ausbildung gibt, kann man in den meisten Fällen von einer eher minimalistischen Einführung in die Arbeitstätigkeit als Reinigungskraft ausgehen.
Das Projektteam gibt diesbezüglich eine klare Empfehlung: Gerade in der Tagesreinigung bedarf es gezielter beruflicher Weiterbildungsangebote, die den Beschäftigten entlang dem Anforderungsprofil sowohl sachliche Informationen zur Organisation der Arbeit und zum (möglichst nachhaltigen) Einsatz von Arbeitsmitteln (Reinigungsmitteln) zur Verfügung stellen, als auch vor allem Grundlagen für die Entwicklung von Selbst- und Sozialkompetenzen vermitteln. Ferner sollten ihnen Sprachkurse angeboten werden, die sie nicht nur befähigen, sich untereinander aufgrund der Vielsprachigkeit besser zu verständigen, sondern auch dabei unterstützen, mit den Beschäftigten in den Reinigungsobjekten über ihre Arbeit zu kommunizieren.
Aus Sicht des Projektteams kommt in der beruflichen Weiterbildung auch Wertschätzung zum Ausdruck, für die es in diesem Arbeitsfeld einen hohen Nachholbedarf gibt.
Viveka Ansorge, ProjektleiterinReinigungsarbeiten gelten als unattraktiv und werden in der Regel schlecht entlohnt. Die Betroffenen werden kaum gesehen und wenn, dann als Dienstleister*innen auf der untersten Hierarchieebene, die sich stets anzupassen haben. Dabei sind es oft ‚gestandene Menschen‘, die viele unterschiedliche Jobs im Verlaufe ihres Berufslebens durchlaufen und reichlich Lebenserfahrung gesammelt haben. Sie wissen sich anzupassen und sich in schwierigen Situationen sogar unterzuordnen. Aber es sind Menschen, die ihre Würde haben und Wertschätzung verdienen. Ohne Reinigungskräfte würde unsere Gesellschaft in Chaos und Unwirtlichkeit versinken. Die meisten von ihnen haben – genauso wie die meisten anderen Beschäftigten – eigene Ansprüche an ihre Arbeit, sehen einen Sinn darin, wollen Gute Arbeit leisten, anderen Leuten das Leben erleichtern. Um sie als Fachkräfte dauerhaft zu halten, bedarf es daher wertschätzender Rahmenbedingungen.
In den Interviews und Projektworkshops kamen zu diesem Aspekt viele Anregungen. Einen positiven Effekt könnten – ähnlich wie im Einzelhandel – Namensschilder und professionelle Arbeitskleidung haben, um die Sicht- beziehungsweise Identifizierbarkeit des Reinigungspersonals zu erhöhen. Das Gleiche gilt für öffentlich in den jeweiligen Objekten ausgehängte Reinigungspläne, insbesondere, wenn darin konkrete Ansprechpartner*innen aufgeführt werden. Das Projektteam empfiehlt ferner, den in der Tagesreinigung tätigen Beschäftigten berufliche Aufstiegschancen (Vorarbeit, Projektleitung) zu ermöglichen. Arbeitgeber sollten daher gezielt Personalentwicklung betreiben und insbesondere die beruflichen Vorerfahrungen beziehungsweise Vorqualifikationen des Reinigungspersonals für berufliches Weiterkommen anerkennen.
Wertschätzung bedeute außerdem, so die Wissenschaftlerin, eine angemessene Vergütung. Voraussetzung dafür sei, die Arbeitsstunden im Verhältnis zum Reinigungsvolumen realistisch einzuschätzen und Flächen- beziehungsweise Leistungsverdichtung einzudämmen. Nicht zuletzt gehe es darum, flache Hierarchien und gegenseitiges Vertrauen aufzubauen.
Viveka Ansorge, ProjektleiterinWenn Beschäftigte in der Lage sein sollen, ihre Arbeit eigenständig zu organisieren, sollte man ihnen auch Spielräume zugestehen und sie nicht ständig misstrauisch beargwöhnen. Es ist eine Frage der Unternehmenskultur, ob man den eigenen Mitarbeiter*innen mit Respekt oder Misstrauen begegnet.
Betriebsräte sind vielfältig gefordert
Klar erkannt wurde im Projekt auch, dass Reinigungsarbeit keineswegs leichte Arbeit, sondern sowohl physisch als auch – gerade in der Tagesreinigung – psychisch oft sehr belastend ist. Deshalb sollte insbesondere Stressmanagement zentraler Gegenstand von Weiterbildung für Reinigungskräfte sein. Betriebsräte könnten für entsprechende Schulungsangebote Sorge tragen und selbst stärker initiativ werden, um gemeinsam mit den Beschäftigten in diesem Handlungsfeld regelmäßig Gefährdungsbeurteilungen stattfinden zu lassen.
Erstaunt war das Projektteam, als nach und nach sichtbar wurde, dass viele der befragten Betriebsräte den Wert von beruflicher Weiterbildung, insbesondere in Bezug auf soziale Kompetenzen nicht sehr hoch einschätzten. Dass diese erlernbar sind, war ihnen wenig geläufig. Soziale Kompetenzen habe man eben oder nicht. Einzelne äußerten zudem deutliche Vorbehalte: „Tagesreinigung: Das schaffen die nicht!“ Sie erkennen oft nicht, dass ein großer Teil der Reinigungskräfte über ein breites Spektrum an beruflichen Erfahrungen und daher auch über Sozialkompetenzen verfügt, die in der Tagesreinigung relevant sind. Was Reinigungskräften häufig fehlt, ist die Ermutigung zur Selbstorganisation (Empowerment). Diese aber kommt in den kurzzeitigen Einweisungen in der Regel zu kurz.
Viveka Ansorge, ProjektleiterinWeiterbildung beinhaltet nicht nur berufliche, sondern auch persönliche (emanzipative) Entwicklungschancen. Dass möglichst alle Beschäftigten die Möglichkeit erhalten, sich weiterzubilden – gleich welcher Herkunft, Position oder Profession –, ist aus unserer Sicht daher eine Frage der Fairness. Diese anzustreben, betrachten wir als eine zentrale Aufgabe von Betriebsräten und natürlich auch Arbeitgebern.
Tagesreinigung als Chance begreifen
Während sich immer mehr Unternehmen für die Tagesreinigung aussprechen, sind Betriebsräte noch eher zögerlich, wie sich im Projekt gezeigt hat. Die eher negativen Erfahrungen im Kundenkontakt in der herkömmlichen Reinigung führen zu Skepsis. Gleichwohl unterstützt die zuständige Gewerkschaft – die IG BAU – die Tagesreinigung, die aber aus ihrer Sicht den Beschäftigten viel abverlangt.
Für das Projektteam überwiegen klar die Vorteile der Tagesreinigung, wenn sie von den Reinigungsunternehmen gut vorbereitet wird. Sie bietet den Beschäftigten einerseits ein attraktives Berufsumfeld mit familienfreundlichen Arbeitszeiten, besserem Einkommen (durch Aufstocken der Tätigkeit) wie auch beruflichen und persönlichen Entwicklungschancen. Und sie ermöglicht es den Arbeitgebern andererseits, verlässliche Kundenbeziehungen aufzubauen, weil durch die geringere Personalfluktuation in diesem Feld auf Dauer eine gleichbleibende Qualität der Arbeit sichergestellt werden kann.
Hinzu kommt: Weil Reinigungskräfte in der Tagesreinigung es mit vielen Menschen zu tun haben und sich immer wieder flexibel auf neue Gegebenheiten einstellen müssen, verfügen sie über ein hohes Innovationspotenzial, was Arbeitgeber nutzen können, um Reinigungsarbeiten perspektivisch kundenfreundlicher, effizienter, ökologisch nachhaltiger und damit auch unter Umständen für sie kostengünstiger weiterzuentwickeln.
Viveka Ansorge, ProjektleiterinMan kann als Unternehmen weiter Aldi auf dem Markt anbieten. Aber man kann auch überlegen, ob man nicht auch Rewe kann und macht – und sich durch eine kontinuierlich verbesserte Qualität der Arbeit einen vertrauten und dauerhaften Kundenstamm aufbaut und für die Zukunft sichert.
Erste Schritte in diese Richtung wurden bei den teilnehmenden Unternehmen bereits unternommen. So etwa versicherte der Leiter einer Weiterbildungsakademie des familiengeführten Partnerunternehmens, künftig verstärkt Workshops für Reinigungskräfte und für Personalverantwortliche zu den betrieblichen Auswirkungen der Tagesreinigung anzubieten. Ein anderes Partnerunternehmen, das mittelständische Sozialunternehmen, hat den Impuls aufgegriffen, in Onboarding Workshops generell das Thema „wertschätzende Führungskultur“ ausführlich zu thematisieren und die Rahmenbedingungen dafür ständig zu verbessern (übertarifliche Entlohnung, vertrauensbasierte Führungskultur, gesundheitsfördernde Arbeitsstrukturen, ökologisches Handeln).
Aus Sicht des Projektteams ist es außerdem wichtig, die Themen „Tagesreinigung“ und „Weiterbildung für Reinigungskräfte“ sowohl in Branchendialogen und auf Fachtagungen als auch im gewerkschaftlichen Diskurs stärker einzubringen – um auf diese Weise nicht zuletzt potenzielle Kund*innen von der Chance einer solchen Premium-Leistung, die für sie bezahlbar bleibt, zu überzeugen. Zu diesem Zweck unterstützt das Projektteam mit seiner Expertise unter anderem die in kontinuierlichem Austausch stehenden Vertreter*innen der IG BAU und der Fachgruppe Gebäudereinigung, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wie auch das landesgeförderte Projekt „Joboption Berlin“.
Ansprechpersonen des Projektes
Projektleiterinnen:
Elke Ahlhoff, ArbeitGestalten Beratungsgesellschaft mbH, Berlin
Viveka Ansorge, ArbeitGestalten Beratungsgesellschaft mbH, Berlin
Weitere Kooperationspartner:
Nikolaus Landgraf, IG BAU - Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Region Berlin-Brandenburg

Förderlinie Transformation
Digitale Transformation, Klimawandel, Energiekosten - Es gibt viele Treiber von Transformationsprozessen. Folgen für die Arbeitswelt sind u.a. ein hoher Veränderungsdruck auf allen Seiten, in Betrieben, Branchen und Regionen. Im Zentrum der neuen Förderlinie Transformation steht daher: Wir entwickeln sehr konkrete Projekte gemeinsam mit Praxispartner*innen und etablieren eine schnelle Entscheidungsfindung über die Förderung. Wir bringen konkrete aktuelle Herausforderungen in der Praxis von Betriebs- und Personalräten mitbestimmter Unternehmen und Organisationen mit wissenschaftlicher Expertise zusammen – betrieblich, regional, lösungsorientiert.