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Pensionsrückstellungen nach IFRS

Niedrige Zinsen bringen neue Herausforderungen

Konzerne, die nach IFRS bilanzieren, sollten überprüfen, wie robust ihre betriebliche Altersversorgung über externe Versorgungsträger in der Niedrigzinsphase ist. Für beitragsorientierte Pläne könnten nun ebenfalls Rückstellungen anfallen und bestimmte Finanzkennzahlen unter Druck setzen.

Der deutsche Gesetzgeber hat 2016 die HGB-Bilanzierung von Pensionsrückstellungen modifiziert, um die Unternehmen in der anhaltenden Niedrigzinsphase zu entlasten (zum Themenradar-Beitrag). Konzerne, die ihren Konzernabschluss nach internationalen Rechnungslegungsvorschriften – den „International Financial Reporting Standards“ (IFRS) – aufstellen, haben in diesem Zusammenhang keine Entlastung erfahren. Vielmehr ergeben sich gegenwärtig neue Herausforderungen, die in der Literatur diskutiert werden.

Für beitragsorientierte Pläne wurden bisher in der Regel keine Pensionsrückstellungen gebildet

Generell werden Versorgungsverpflichtungen aus betrieblicher Altersversorgung nach internationaler Rechnungslegung unterschieden in

  • leistungsorientierte Pläne / Direktzusagen (DBO – Defined Benefit Obligation DBO) oder
  • beitragsorientierte Pläne (DC – Defined Contribution).

Mit einer Leistungszusage (DBO) verspricht der Arbeitgeber bei Eintritt des Versorgungsfalles eine bestimmte Leistung, beispielsweise eine Betriebsrente von 300 Euro oder von 10% des letzten ruhegehaltsfähigen Entgelts.  Im Rahmen einer beitragsorientierten Zusage (DC) zahlt der Arbeitgeber bestimmte Beiträge für die Beschäftigten ein – meist wird diese über einen externen Versorgungsträger (z.B. Pensionskasse) gestaltet.

Für DBO-Pläne werden Pensionsrückstellungen gebildet, für DC-Pläne nicht. Über die reine Beitragszahlung hinaus ergeben sich in diesem Fall somit grundsätzlich keine weiteren Verpflichtungen für den Arbeitgeber. Folglich tragen die Beschäftigten sowohl die Zins- als auch die biometrischen Risiken.

Besonderheit in  Deutschland: Die garantierte Mindestleistung und eine Subsidiärhaftung des Arbeitgebers

Allerdings gab es schon immer ein Bilanzierungsproblem: DC-Pläne, wie sie in den angelsächsischen Ländern Praxis sind, berücksichtigen nicht die Besonderheiten des deutschen Betriebsrentengesetzes. In Deutschland haben die Beschäftigten bei beitragsorientierten Versorgungsplänen (DC) grundsätzlich mit einer garantierten Mindestleistung im Rentenalter zu rechnen – in Abhängigkeit des Durchführungsweges mindestens die eingezahlten Beiträge und gegebenenfalls mit einer garantierten Mindestverzinsung. Darüber hinaus sieht der deutsche Gesetzgeber die Subsidiärhaftung des Arbeitgebers vor. Mit anderen Worten: Kann der externe Versorgungsträger nicht für die Betriebsrenten aufkommen, so muss der Arbeitgeber Finanzmittel nachschießen.

Wie erwähnt, werden in Deutschland derzeit nur für leistungsorientierte Pläne bzw. Direktzusagen (DB-Pläne) Pensionsrückstellungen gebildet. Salopp gesagt: Beitragszusagen des Arbeitgebers (DC-Pläne), die insbesondere durch externe Durchführungswege organisiert sind, sind zwar bisher in der Gewinn- und Verlustrechnung als Aufwand erfasst, nicht aber in der Bilanz als Pensionsrückstellung sichtbar. Richtig sauber ist diese Vorgehensweise nie gewesen, man konnte bisher aber gut damit leben. Das Hauptargument der Experten war: Der Arbeitgeber zahlt Beiträge für die betriebliche Altersversorgung seiner Beschäftigten an externe Versorgungsträger. Die Risiken, die sich aus dem Betriebsrentengesetz für den Arbeitgeber ergeben, sind fast theoretischer Natur. Insbesondere eine Subsidiärhaftung werde sehr unwahrscheinlich eintreten. 

Zu klären: Wie robust sind die Versorgungssysteme in der Niedrigzinsphase?

Diese Auffassung wird nun im Zuge der anhaltenden Niedrigzinsphase infrage gestellt. Die Frage, die sich gegenwärtig aufdrängt: Schaffen es externe Versorgungsträger wie z.B. Pensionskassen, in der Niedrigzinsphase genügend Rendite zu erwirtschaften, um die Verpflichtungen der Arbeitgeber aus betrieblicher Altersversorgung gegenüber ihren Beschäftigten im Rentenalter zu erfüllen? Oder muss der Arbeitgeber aufgrund der Subsidiärhaftung eventuell Kapital nachschießen?

Die Beantwortung dieser Frage ist für die IFRS-Bilanzierung hochgradig relevant, denn die gängige Praxis, DC-Versorgungspläne bilanziell nicht zu erfassen, funktioniert nicht mehr automatisch. Die Bilanzierer müssen nun verschärft prüfen, wie robust ihre Versorgungssysteme über externe Versorgungsträger angesichts der Niedrigzinsphase sind.

Ergeben sich für Arbeitgeber aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase Risiken aus Deckungslücken, so müssen ggf. auch für bestehende DC-Pläne Pensionsrückstellungen gebildet werden, was sich wiederum negativ auf Finanzkennzahlen wie etwa die Eigenkapitalquote auswirken würde. Für Konzerne kann dies unangenehm werden, haben sie doch in den letzten Jahren vieles daran gesetzt, ihre Pensionsrückstellungen insbesondere durch Auslagerung auf externe Versorgungsträger zu reduzieren oder für neue Beschäftigte nur beitragsorientierte Versorgungssysteme (DC) anzubieten.

Nun könnte aufgrund der niedrigen Zinsen ein Bumerangeffekt entstehen. Die Konzerne werden ihre gesamten Versorgungspläne genau unter die Lupe nehmen und gegebenenfalls zusätzliche Pensionsrückstellungen bilden müssen. Vor dem Hintergrund des skizzierten Szenarios ist es daher für Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter ratsam, sich einen Überblick über die konzerneigenen Versorgungssysteme zu verschaffen. Spätestens im Zuge der Prüfung des Jahresabschlusses könnte die Bilanzierung von Pensionsrückstellungen ein brisantes Thema für den Aufsichtsrat werden.

Wir werden Euch hierzu im Mitbestimmungsportal auf dem Laufenden halten. 

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