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Mitbestimmungsreport Nr. 43

Der MB-ix in börsen­notierten Unternehmen

Der Mitbestimmungsindex zeigt, was Mitbestimmung beiträgt, Unternehmen nachhaltiger zu machen. Im Fokus dieses Reports: Wie unterscheiden sich die MB-ix Ergebnisse bei den untersuchten Unternehmen? Wie haben sich die MB-ix Werte seit der Finanzkrise entwickelt?

Mitbestimmung trägt zu nachhaltiger Unternehmensführung bei. Der Mitbestimmungsindex MB-ix liefert den empirischen Beweis für die Leistungsfähigkeit der Mitbestimmung. Wo Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mitbestimmen, da wird mehr investiert. Wo Mitbestimmung stark im Unternehmen verankert ist, da wird Berufsausbildung verlässlicher praktiziert. Wo „gute Arbeit“ im Unternehmen zuhause ist, da ist das die Mitbestimmung auch. Personalpolitik hat im mitbestimmten Unternehmen einen stärkeren institutionellen Rückhalt. Anstrengungen des Unternehmens, systematisch und erkennbar „Corporate Social Responsibility“ (CSR) zu verankern und mit Maßnahmen voranzubringen, sind auffällig häufiger in stark mitbestimmten Unternehmen anzutreffen als in weniger mitbestimmten Unternehmen.

Abb MB-ix Mittelwerte zum Vergleich
Der MB-ix zeigt eine große Varianz in der institutionellen Verankerung der Mitbestimmung, zum Beispiel nach Branchen und Unternehmenstypen.

Der MB-ix zeigt uns: Die Mitbestimmung ist im Lichte der wissenschaftlichen Auswertung in vielerlei Hinsicht sehr leistungsfähig. Gerade wenn das qualifizierte Personal und die damit verbundene Art und Weise „guter Arbeit“ im internationalen Wettbewerb der Unternehmen den Unterschied macht, spielt die Mitbestimmung ihren Vorteil für Wirtschaft und Gesellschaft aus. Mitbestimmung und das dahinterliegende System der industriellen Beziehungen mit starken Einheitsgewerkschaften und Sozialpartnerschaft, gebaut auf wirksamen Tarifverträgen, haben Deutschland geholfen, die Finanz- und Wirtschaftskrise besser und schneller zu bewältigen als andere vergleichbare starke Industrieländer. Die Mitbestimmung ist in Deutschland deshalb mehr als nur eine gesetzliche Struktur.

Kritiker der Mitbestimmung haben im Recht auf Mitbestimmung stets eine behindernde Beschränkung von Eigentümerfreiheit gesehen, die sich zudem nachteilig auf den Unternehmenserfolg auswirke. Den empirischen Beweis für diese These sind sie bis heute schuldig geblieben. In Zeiten fundamentaler Veränderung durch digitale Arbeit und internationale Unternehmensfinanzierung und -führung müssen wir endlich raus aus solchen ideologischen Diskussionen. Die Praxis hat sie überlebt. Mitbestimmung hat gezeigt, was sie kann. Für ihre Leistungsfähigkeit kommt es auf die rechtlich garantierte Augenhöhe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit den Eignern und Aktionären an, wenn Managemententscheidungen solide überwacht und die Zukunftsperspektive Arbeit für den langfristigen Unternehmenserfolg mitberücksichtigt werden sollen.

Die Hans-Böckler-Stiftung fördert die Forschung zum MB-ix am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB), weil sie mit den Ergebnissen zu einer Diskussion über die Zukunft der Mitbestimmung in Deutschland, aber auch über die Landesgrenzen hinaus, einladen will. Dabei gilt es, die grundsätzliche Frage zu beantworten: Wofür ist ein Unternehmen da, zumal wenn es auf fremdem Kapital beruht und der Öffentlichkeit gegenüber transparenzpflichtig ist? Das Unternehmen trägt gesellschaftliche Verantwortung, weil es von jenem Kapital lebt, das in der Gesellschaft erwirtschaftet und angesammelt wurde – oft genug aus den Beiträgen von Arbeitnehmern zu ihrer Altersvorsorge oder zu anderen Versicherungen. Zudem stellt es Produkte und Dienstleistungen her, die zwar gewinnbringend verkauft werden müssen, aber eben auch einen Nutzen für seine Kunden stiften. Schließlich trägt ein Unternehmen als gesellschaftlicher Akteur auch Verantwortung für das Zusammenleben mit anderen Akteuren, für seine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für seine Region, für seine Umweltverträglichkeit.

Die Komponenten des MB-ix

Der MB-ix, der auf sechs Komponenten basiert, ist eine innovative Messgröße für die Mitbestimmung im Unternehmen. Mit diesem Instrument kann erstmals zwischen mehr oder weniger stark mitbestimmten börsennotierten Unternehmen unterschieden werden. Dabei misst der MB-ix die Verankerung der Mitbestimmung in der Organisation und Führung von Unternehmen. Daraus lässt sich nicht direkt auf die Praxis der Mitbestimmung und der Beziehungen zwischen Arbeitnehmern, Eignern und Managern im Unternehmen schließen. Darum geht es auch nicht. Denn der Erfolg von Unternehmen wird vor allem an einem Set von allgemein anerkannten wirtschaftlichen und weiteren Kennziffern gemessen.

Der MB-ix bietet die Möglichkeit, einen Zusammenhang zu Indikatoren der unternehmensbezogenen Nachhaltigkeit herzustellen, etwa zum Zusammenhang von MB-ix und „guter Arbeit“, der Rolle von Investoren, Innovationsaktivitäten oder der Vergütung des Managements. Und hier weisen die Ergebnisse des MB-ix darauf hin, dass stärker mitbestimmte Unternehmen besser in dieser Liga der Unternehmensbewertung nach Kennziffern mitspielen, wenn zum Unternehmenserfolg auch gesellschaftliche Leistungsziele einbezogen werden.

Mitbestimmungsreport 43, der MB-iix in börsenorientierten Unternehmen

R. Scholz, S. Vitols (2018): Der MB-ix in börsennotierten Unternehmen

Verankerung der Mitbestimmung im letzten Jahrzehnt

Reihe: Mitbestimmungsreport, Nr. 43
Düsseldorf: 2018, ISSN 2364-0413
20 Seiten

Ansprechpartner: Norbert Kluge

Abbildung Mitbestimmungsindex und Komponenten im Zehnjahresverlauf
Im Zeitverlauf wird deutlich, dass die Verankerung der Mitbestimmung stabil ist.

Der vorliegende Bericht von Robert Scholz und Sigurt Vitols stellt aktuelle Ergebnisse aus dem Projekt vor. Schwerpunkt ist die Frage, wie sich der MB-ix und seine Komponenten bei den untersuchten Unternehmen und in der Gesamtzusammenschau im Zeitverlauf entwickelt haben. Er ergänzt somit die vorangegangenen Mitbestimmungsreports 22 („Der Mitbestimmungsindex“) und 32 („MB-ix und ,Gute Arbeit‘“) um eine makroskopische Perspektive. Ein wichtiges Ergebnis: Die Verankerung der Mitbestimmung ist in den betrachteten börsennotierten Unternehmen im Zehnjahresverlauf weitgehend stabil geblieben.

Wir möchten das Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) dazu einladen und ermuntern, den einmal eingeschlagenen methodisch belastbaren Weg der Bewertung von Unternehmen nach dem Kriterium der Mitbestimmung fortzusetzen. Die Mitbestimmung ist in Deutschland eine Realität. Gerade weil niemand den Weg in eine digitale und global vernetzte Welt genau kennt oder ihn einseitig vorschreiben kann, brauchen wir zuverlässige Mechanismen der fairen Suche nach guten Lösungen mit Beteiligung aller Akteure auf Augenhöhe. Der MB-ix liefert schon heute gute Argumente, dafür die Mitbestimmung in Anspruch zu nehmen. Wer diesen Vorteil auch in Zukunft will, der kann die Ergebnisse des MB-ix dazu nutzen, ihn zu sichern und auszubauen.

Wir freuen uns auf Ihr und Euer Interesse und Feedback. Wir möchten gerne noch auf den neuen MB-ix-Kalkulator hinweisen, mit dem man für das Unternehmen, in dem man selbst arbeitet, errechnen kann, wie stark dort die Mitbestimmung verankert ist. Außerdem stehen informative Poster als Download zu Verfügung, in denen Kernergebnisse anschaulich visualisiert wurden.

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