Skill-Management
Mitbestimmung als Hebel für moderne Personalplanung
Mitbestimmung bei KI und Technik eröffnet Betriebsräten neue Chancen: Sie können Personalplanung, Qualifizierung und Talentmanagement aktiv mitgestalten und so die Interessen der Beschäftigten stärken.
Vom klassischen Personalplan zur agilen Talentstrategie
Die Personalplanung in Unternehmen folgt selten dem klassischen Schema, das in vielen Lehrbüchern oder Managementartikeln beschrieben wird. Während vielerorts eine klassische strategische Personalplanung wenig bis gar nicht stattgefunden hat, gewinnt nun gezieltes, software-basiertes Talent-Management und flexible Kompetenzentwicklung an Bedeutung. Anders als bei der Anschaffung von Maschinen, Software oder Krediten, die bei Bedarf relativ kurzfristig und direkt beschafft werden können, ist die Personalplanung ein deutlich vielschichtigerer Prozess: Sie benötigt mehr Vorlauf, da sie sich auf Menschen bezieht, die nicht einfach wie Ressourcen disponiert werden können.
Die Belegschaft muss zunehmend– insbesondere angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels – aus dem vorhandenen Bestand heraus entwickelt werden. Das bedeutet: Unternehmen können nicht einfach „passende“ Mitarbeitende einkaufen, sondern müssen gezielt kommunizieren, motivieren und Qualifizierungsmaßnahmen anbieten, um die Belegschaft auf zukünftige Anforderungen vorzubereiten. Die Personalplanung ist damit nicht nur eine Frage der Zahlen und Kapazitäten, sondern vor allem eine Frage der aktiven Gestaltung und Entwicklung – und damit ein zentrales Feld für Mitbestimmung und Beteiligung.
Mitbestimmung im KI-gestützten Skill-Management: Chancen für Betriebsräte bei Personalplanung und Talent-Management
Die Digitalisierung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) verändern die Personalarbeit grundlegend. Systeme wie Workday HCM ermöglichen es Unternehmen, Kompetenzen der Beschäftigten automatisiert zu erfassen, zu analysieren und für die (strategische) Personalplanung zu nutzen. Für Betriebsräte entsteht daraus Handlungsbedarf – zugleich eröffnen sich neue Mitbestimmungsmöglichkeiten in der Personalplanung, insbesondere im Zusammenhang mit technischen Systemen zur Verhaltens- und Leistungskontrolle.
KI in der Personalentwicklung: Neue Möglichkeiten, neue Aufgaben
KI-gestützte Systeme analysieren große Datenmengen, identifizieren Stärken und Schwächen der Beschäftigten, bewerten Kompetenzen und erstellen individuelle Lernpfade. Sie prognostizieren zukünftige Personalbedarfe, ermitteln Qualifikationslücken und können so die strategische Personalplanung unterstützen. Gleichzeitig versprechen sie Routineaufgaben zu automatisieren und damit Freiräume für die Personalentwicklung zu schaffen. Somit bieten diese Systeme die Grundlage für eine belastbare Planung – mit der sich Personalabteilungen in der Vergangenheit oft schwergetan haben.
Praxisbeispiel Workday Skill Cloud: Kompetenzen sichtbar machen
Die Workday Skill Cloud ist eine zentrale Komponente von Workday HCM. Sie integriert Personaldaten aus verschiedenen Systemen und ermöglicht eine globale Sicht auf die Fähigkeiten der Beschäftigten. Mitarbeitende können ihre Skills selbst eintragen oder diese werden automatisiert aus Lebensläufen, Leistungsbeurteilungen und Schulungsdaten extrahiert. Ziel ist eine möglichst umfassende Kompetenzerfassung, die einerseits sowohl individuelle Entwicklung als auch gezielte Personalplanung unterstützt, andererseits aber auch eine nie dagewesene Transparenz über Fähigkeiten und Fertigkeiten der Belegschaft herstellt. Für die Mitbestimmung ist das Herausforderung und Chance zugleich.
Mitbestimmung bei technischen Einrichtungen
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen. Skill-Management-Systeme wie Workday fallen darunter, da sie detaillierte Leistungs- und Verhaltensdaten erfassen und auswerten können. Betriebsräte können hier Einfluss nehmen auf:
- die Kriterien und Verfahren der Kompetenzermittlung und -bewertung,
- die Transparenz der Algorithmen,
- die Nutzung der Daten für Personalentscheidungen,
- die Gestaltung von Lern- und Entwicklungsangeboten.
Chancen: Datenbasierte und faire Personalplanung
Automatisiertes Skill-Management kann die Sichtbarkeit von „Mauerblümchen“ erhöhen, den „Nasenfaktor“ reduzieren und individuelle Entwicklungswege fördern. Es ermöglicht datenbasierte Entscheidungen, beschleunigt Prozesse und schafft Transparenz. Betriebsräte können darauf hinwirken, dass die Systeme zur Förderung von Chancengleichheit und zur gezielten Qualifizierung genutzt werden – und nicht zur einseitigen Leistungsverdichtung oder zum Personalabbau. Dazu ist es entscheidend, die bestehenden Mitbestimmungsrechte zur aktiven (Mit-)Gestaltung dieser Personalprozesse zu nutzen.
Risiken: Diskriminierung, Intransparenz und Kontrollverlust
KI-basierte Systeme bergen in dem Zusammenhang aber auch Risiken: Intransparente Algorithmen können zu Diskriminierung führen, Personalabbau und Outsourcing fördern oder Leistungsdruck und Konkurrenz verschärfen. Beschäftigte könnten sich entmachtet fühlen, Ängste und Widerstände wachsen. Darüber hinaus trägt dieser tiefere Blick in die Fähigkeiten der einzelnen Beschäftigten zur „gläsernen Belegschaft“ bei. In diesem Kontext können sich also auch ungerechte Bevorzugungen verfestigen, Entscheidungen intransparent in Black-Boxen gefällt werden und eine weitere Effizienzorientierung befeuert werden. Hier ist die Mitbestimmung des Betriebsrats essenziell, um ethische und rechtliche Standards zu sichern, Transparenz herzustellen und die Balance zwischen Unternehmensinteressen und Beschäftigtenschutz zu wahren. Zusätzlich besteht das Risiko bei Automatisierungen im HR-Management, dass der Betriebsrat plötzlich ohne Ansprechpartner dasteht, weil die Personalabteilung durch Maschinen ersetzt wurde.
Handlungsempfehlungen für Betriebsräte
- Frühzeitige Einbindung bei der Einführung und Anwendung von Skill-Management-Systemen
- Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Bewertungsalgorithmen einfordern
- Regelungen zur Nutzung und Auswertung der Daten vereinbaren
- Qualifizierungsangebote und individuelle Entwicklung fördern
- Beschäftigte über ihre Rechte und Möglichkeiten informieren
Mitbestimmung aktiv gestalten!
Gerade die Mitbestimmungsrechte bei der Einführung und Anwendung technischer Systeme (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG) eröffnen Betriebsräten die Chance, auch in anderen Bereichen mit schwächer ausgeprägten Mitbestimmungsrechten – etwa bei Personalplanung, Qualifizierung, Personalentwicklung und Talentmanagement – stärker Einfluss zu nehmen. Durch die Gestaltung und Kontrolle von KI-gestützten Skill-Management-Systemen können Betriebsräte nicht nur Transparenz und Fairness sichern, sondern auch die Interessen der Beschäftigten bei der Entwicklung von Kompetenzen und der Planung von Karrierewegen gezielt vertreten. So wird die Mitbestimmung im Bereich Technik zum Hebel, um auch in bislang schwächeren Mitbestimmungsfeldern wirksam mitzuwirken und die Arbeitswelt im Sinne der Beschäftigten aktiv mitzugestalten.