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Update zum Gesellschaftsrechtspaket

EU-Parlament und Ministerrat diskutieren Arbeitnehmerschutz

Nachdem die EU-Kommission das Gesellschaftsrechtspaket im April vorgeschlagen hat, diskutieren derzeit EU-Parlament und Ministerrat die Vorschläge und bringen Änderungen ein. Am 6.12.2018 hat sich der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments in einem Bericht für einen besseren Schutz der Arbeitnehmer ausgesprochen.

Update (6.12.2018): Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments will Arbeitnehmerrechte stärken

Am 6.12.2018 hat der federführende Rechtsausschuss des Parlaments (JURI) seinen Bericht über "Grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen" beschlossen. Er beinhaltet substantielle Verbesserungen gegenüber den ursprünglichen Vorschlägen der EU-Kommission. Bemerkenswert ist insbesondere, dass sich die Abgeordneten für dynamische Schwellenwerte bei der Unternehmensmitbestimmung aussprechen, die die Mitbestimmungsflucht deutlich erschweren würden. Zudem wurde für die Aufnahme von interinstitutionellen Verhandlungen mit dem Ministerrat gestimmt, dessen Positionierung noch aussteht. Dann müssen Vertreter von EU-Parlament und Ministerrat unter Vermittlung der EU-Kommission einen Kompromiss finden (Trilog).

Die Abstimmung im zuständigen Rechtsausschuss (JURI) über die Richtlinie zur Nutzung von digitalen Instrumenten und Verfahren im Gesellschaftsrecht hat bereits am 20.11.2018 stattgefunden. Neben einem Bericht wurde auch hier die Aufnahme interinstitutioneller Verhandlungen (Trilog) beschlossen. Im verabschiedeten Bericht konnten einige Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission erreicht werden. Die Kernforderung der Gewerkschaften, einige Branchen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herauszunehmen, konnte allerdings nicht durchgesetzt werden. Zu dieser Richtlinie hat sich der Rat Ende November bereits positioniert, sodass das Trilogverfahren Anfang nächsten Jahres beginnen dürfte.

Das Gesellschaftsrechtspaket („Company Law Package“) der EU-Kommission liegt seit April dieses Jahres vor. Es ist zu begrüßen, dass die EU-Kommission – insbesondere nach der EuGH Entscheidung Polbud - nunmehr Regulierungen in Angriff nimmt, auch wenn der vorliegende Entwurf noch erhebliche Defizite aufweist. Die EU-Kommission hat damit ihre Vorschläge zur grenzüberschreitenden Sitzverlegung, Spaltung, Verschmelzung sowie zu digitalen Registrierung von Unternehmen vorgestellt. Die Gewerkschaften sehen diese Vorschläge insgesamt kritisch, da die Regeln zum Schutz der Mitbestimmung, ähnlich wie bereits bei anderen Initiativen, nicht ausreichend sind und neue Schlupflöcher zur Umgehung der Unternehmensmitbestimmung geschaffen werden. Gleichermaßen wird durch die neue Möglichkeit der Onlineregistrierung der Gründung von Briefkastenfirmen Vorschub geleistet. Doch wie ist der aktuelle Stand im Gesetzgebungsverfahren bei den beiden Richtlinien?

Am 6. Dezember findet voraussichtlich im Parlament die Abstimmung im Rechtsausschuss statt.

Die beiden Vorschläge durchlaufen das sogenannte Ordentliche Gesetzgebungsverfahren, bei dem EU-Parlament und Rat der EU (Ministerrat) gemeinsam über den Rechtsakt entscheiden. Zunächst wurde im EU-Parlament der federführende Ausschuss bestimmt, welches der Rechtsausschuss (JURI) ist. Zudem gibt es einen assoziierten Ausschuss (Ausschuss für Beschäftigung und Soziales – EMPL) sowie einen beratenden Ausschuss (Ausschuss für Wirtschaft und Währung – ECON), die ebenfalls eine Stellungnahme abgeben. Evelyn Regner, Abgeordnete der SPÖ im Europäischen Parlament, hat einen progressiven Entwurf für einen Bericht im Rechtsausschuss vorgelegt, der die zentralen Forderungen des DGB enthält und deutlich macht, dass es möglich ist, grenzüberschreitende Mobilität der Unternehmen zu gestalten und dabei die Rechte der Arbeitnehmer/innen zu wahren. Weitere Mitglieder des Ausschusses haben Änderungsvorschläge eingereicht. Die Fraktion der Grünen/EFA sowie der Vereinten Linken/NGL greifen weitere Vorschläge des EGB sowie des DGB auf. Besorgniserregend aus gewerkschaftlicher Sicht sind allerdings einige Anträge der Europäischen Volkspartei (EVP). Über den Entwurf sowie die Änderungsanträge wird am 6. Dezember im Rechtsausschuss abgestimmt. Der assoziierte Ausschuss für Beschäftigung und Soziales hat seine Stellungnahme bereits vorgelegt, die in einigen wichtigen Punkten den Forderungen der Gewerk-schaften folgt und vom federführenden JURI-Ausschuss in seiner Stellungnahme berücksichtigt wird.

Am 17.10.2018 hat zudem das Plenum des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, ein beratender Ausschuss mit Vertreterinnen und Vertretern von Gewerkschaften, Arbeitgebern sowie NGOs mit großer Mehrheit seine Stellungnahme zu den beiden Richtlinien abgegeben. Die Stellungnahme spiegelt die tripartite Zusammensetzung des Ausschuss wider und macht deutlich, wie schwierig es ist, progressive Vorschläge zur Verbesserung des Kommissionsentwurfs zu machen, da Repräsentanten der Arbeitgeber dies systematisch blockieren.

Zeitgleich berät auch der Ministerrat, in dem die zuständigen Fachminister sitzen, über die vorgeschlagenen Richtlinien. Die Treffen der Rats-Arbeitsgruppen sind weniger transparent als die Sitzungen der Ausschüsse im EU-Parlament, sodass sich schwer abschätzen lässt, wie sich der Rat positionieren wird. Die deutschen Regierungsparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag verabredet:

„Wir setzen uns für eine europäische Harmonisierung der Regelungen über die grenzüberschreitende Sitzverlegung von Kapitalgesellschaften („Sitzverlegungs-Richtlinie“) […] unter Wahrung der Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einschließlich der Unternehmensmitbestimmung, der Gläubiger und der Minderheitsgesellschafter ein.“

Diese Passage stimmt hoffnungsfroh; aller Erfahrung nach werden die Diskussionen in der Rats-AG jedoch dennoch nicht einfach werden, auch weil nicht alle Mitgliedsstaaten eine Unternehmensmitbestimmung in ihrem Rechtsraum kennen.

Die Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission dürften Anfang 2019 beginnen.

Die Position des Rechtsausschusses sowie des Ministerrates dienen als Grundlage für den sog. informellen Trilog. Im Trilog sind Repräsentanten von Ministerrat sowie vom Europäischen Parlament unter Vermittlung der EU-Kommission vertreten und versuchen gemeinsam einen Kompromiss, zwischen den unterschiedlichen Positionen zu erarbeiten. Im Falle des Gesellschafsrechtpaktes ist davon auszugehen, dass die Trilog-Verhandlungen zu Beginn des nächsten Jahres anfangen dürften. Die Zeit drängt allerdings, da bereits im Mai nächsten Jahres ein neues Europäisches Parlament gewählt sowie eine neue Europäische Kommission ernannt wird. Die möglichen Ergebnisse des Trilogs müssen formal noch vom Plenum des Europäischen Parlaments sowie vom Ministerrat beschlossen werden. Sollte es vor der Europawahl zu keiner Einigung kommen, ist es möglich, dass neue Mehrheiten bisherige Verhandlungsergebnisse noch einmal aufschnüren oder das weitere Verfahren verzögern. DGB und die Gewerkschaften plädieren daher dafür, ein deutlich verbessertes Company Law Package noch in dieser Legislaturperiode zu beschließen.

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