Pressemitteilung
EuGH verhandelt über Mitbestimmung bei SAP
Die Unternehmensrechtsexperten der Hans-Böckler-Stiftung sind optimistisch, dass im Zuge eines Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) bestätigt wird, durch die die Mitbestimmung beim Softwarekonzern SAP SE uneingeschränkt sichergestellt ist.

Update (02.05.2022): Generalanwalt stärkt deutsche Mitbestimmung
Im SAP-Verfahren beim EuGH hat Generalanwalt Richard de la Tour am 28.04.2022 seine Schlussanträge zur Frage der Gewerkschaftssitze im Aufsichtsrat bei einer SE-Umwandlung veröffentlicht. Nach seiner Ansicht sei der gesonderte Wahlgang für die Gewerkschaftsvertreter unbestreitbar ein prägendes Element der Beteiligungsregelung in Deutschland und könne deshalb nicht Gegenstand von Verhandlungen sein. Damit schließt er sich der Position von IG Metall und ver.di an, die gegen SAP geklagt hatten.
Damit könnte eine Vorentscheidung im SAP-Fall gefallen sein: Zwar ist die Entscheidung des Generalanwalts nicht bindend, doch häufig folgt der EuGH seinem Antrag. Eine solche Entscheidung des EuGH würde auf eine Vorlagefrage des Bundesarbeitsgerichts vom 18.08.2020 antworten und die entsprechende Position des Bundesarbeitsgericht (BAG) zum deutschen SEBG als europarechtskonform bestätigen. Auch das BAG sah die Gewerkschaftssitze durch das deutsche Gesetz geschützt, legte die Frage der Vereinbarkeit mit europäischem Recht jedoch dem EuGH vor.
Weiterführende Informationen

Tageblatt Lëtzebuerg
"Für den Erhalt der Mitbestimmungsrechte in Deutschland und in Europa"
In einem Zeitungsbeitrag beschreiben der DGB Vorsitzende Reiner Hoffmann und seine Luxemburger Kollegen die politische Bedeutung des Falls "SAP".

"Co-determination at issue in Europe’s top court"
Can companies dilute national worker-involvement rights by becoming European? The ECJ is to adjudicate. Contribution by Nora Back (OGBL), Patrick Dury (LCGB) and Reiner Hoffmann (DGB).

08.02.2022
PM von ver.di und IG Metall
In einer gemeinsamen Pressemitteilung begrüßen ver.di und IG Metall die positiven Einschätzungen vor dem EuGH zur Zusammensetzung von Aufsichtsräten.

Rechtsgutachten
"Who is afraid of unions representation?"
In einem Rechtsgutachten zur europäischen SE-Richtlinie kommt der italienische Arbeitsrechtler Edoardo Ales zu dem Schluss, dass Gewerkschaftssitze im Aufsichtsrat bei einer Umwandlung in die SE beizubehalten sind. Der Artikel ist im Italian Labour Law e-Journal erschienen.

Mitbestimmung bei SAP
Bundesarbeitsgericht legt Rechtsstreit in Luxemburg vor
BAG sieht Gewerkschaftssitze im Aufsichtsrat nach deutschem Recht geschützt. Nun ist der EuGH am Zug.

20 Jahre Europäische Aktiengesellschaft
4 von 5 großen SE vermeiden paritätische Mitbestimmung
Die Europäische Aktiengesellschaft wird 20 Jahre alt – doch das ist kein Grund zu feiern. In Deutschland sind inzwischen 107 Unternehmen mit mehr als 2.000 inländischen Beschäftigten registriert: Doch 86 dieser SE vermeiden die paritätische Mitbestimmung.

FOKUS-Thema
Europäische Aktiengesellschaft
Die SE bietet neue Perspektiven für eine Europäisierung der Mitbestimmung. Gleichzeitig ist sie zu einem wichtigen Instrument zur Mitbestimmungsvermeidung geworden. Auf dieser Seite findet Ihr gebündelt aktuelle Infos und Materialien zum Thema.
Dr. Sebastian Sick
ist Leiter Corporate Governance und Unternehmensrecht im Institut für Mitbestimmung und Unternehmensführung der Hans-Böckler-Stiftung (I.M.U.). Er ist Rechtsanwalt und Master of Laws (LL. M. Eur.). Er berät Arbeitnehmervertreter*innen in Aufsichtsräten zu Fragen des (europäischen) Gesellschafts- und Mitbestimmungsrechts und der Corporate Governance. Unter anderem war er Mitglied des Aufsichtsrats der SAP SE. Seit April 2021 vertritt er die Gewerkschaften in der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex.

Rainer Jung
leitet die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit und ist seit 2005 Pressesprecher der Hans-Böckler-Stiftung. Zuvor arbeitete der gelernte Journalist bei verschiedenen Zeitungen.