Hauptinhaltsbereich

Europäische Aktiengesellschaft (SE)

Gewerkschaftssitze sind bei Umwandlung in eine SE gesichert

Der Europäische Gerichtshof hatte im Oktober 2022 bereits entschieden, dass die Sitze für Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat bei der Umwandlung einer AG in eine SE nicht beseitigt werden dürfen. Nun hat auch das Bundesarbeitsgericht seinen Beschluss verkündet: Die mögliche Verkleinerung des Aufsichtsrats bei SAP war in dieser Form unwirksam.

Update (24.3.23): BAG erklärt Klausel zur Verkleinerung des Aufsichtsrat bei SAP für unwirksam

Seit 2016 kämpfen IG Metall und ver.di vor den Arbeitsgerichten um den Erhalt der gesicherten Sitze für Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat des Softwarekonzerns SAP. Schon im Oktober 2022 hatte der EuGH die Position der Gewerkschaften bestätigt. Am 23. März 2023 ist nun auch das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) zu einem erfolgreichen Ende gekommen.

Die BAG-Entscheidung bedeutet mehr Schutz für Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte in der SE. Gewerkschaftssitze sind bei Umwandlung einer AG in eine SE gesichert. Die Klausel in der SE-Beteiligungsvereinbarung zur Verkleinerung des SAP-Aufsichtsrats von 18 auf 12 Mitglieder ist vollständig unwirksam. Damit ist klar: Bei Missachtung von Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechten droht Unwirksamkeit.

Das gilt es bei SE-Verhandlungen zu beachten und für starke Arbeitnehmerrechte zu nutzen. Die BAG-Entscheidung ist auch eine Absage an arbeitgebernahe Positionen, den Unternehmen bei Umwandlung in eine SE größte Flexibilität bei der Einschränkung von Arbeitnehmerrechten einzuräumen.

Die Arbeitnehmer und die Gewerkschaften gehen somit gestärkt aus diesem Verfahren vor dem BAG hervor – nicht nur bei SAP. Ein großer Erfolg für die Mitbestimmung!

EuGH schützt Gewerkschaftssitze im Aufsichtsrat (18.2.2022)

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 18.10.2022 stellt sicher, dass die Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der Umwandlung einer AG in eine SE weiter uneingeschränkt gilt. Die Sitze für Gewerkschaftsvertreterinnen und -vertreter im Aufsichtsrat bleiben über einen getrennten Wahlgang gesichert. Der EuGH stellt klar, dass über das reine Besetzungsverhältnis im Aufsichtsrat hinaus alle prägenden Elemente der Mitbestimmung so, wie sie sich aus der Definition des nationalen Rechts ergeben, geschützt sind. Über den einzelnen Fall hinaus setzen die Luxemburger Richterinnen und Richter damit ein Signal für die Vertretung von Beschäftigteninteressen in den Aufsichtsräten Europäischer Aktiengesellschaften (SE). Der EuGH bestätigt damit die Position der Gewerkschaften.

Der EuGH hat mit seinem Urteil die Sichtweise des Bundesarbeitsgerichts (BAG) bestätigt. Das hatte sich im August 2020 gegen die Schwächung der Arbeitnehmermitbestimmung bei der Umwandlung des Softwarekonzerns SAP in eine SE ausgesprochen. Nach Ansicht des BAG dürfen Unternehmen nach deutschem SE-Recht auch bei einer Umwandlung in eine SE die gesicherten Sitze für Gewerkschaftsvertreterinnen und -vertreter im Aufsichtsrat nicht ausschließen – anders als SAP argumentierte. Ein prägendes Element der Mitbestimmung bliebe demnach gewahrt.

Auch jenseits der aktuellen gerichtlichen Auseinandersetzung ist nach Analysen der Hans-Böckler-Stiftung der Bedarf groß, Lücken in den Regelungen zur SE und im deutschen Mitbestimmungsrecht zu schließen. Dabei seien der deutsche und der europäische Gesetzgeber gefragt. Beispielsweise würden immer wieder Firmen in eine SE umgewandelt, kurz bevor sie die deutschen gesetzlichen Schwellenwerte von 500 inländischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für eine Drittelbeteiligung der Beschäftigten im Aufsichtsrat oder von 2.000 für die paritätische Mitbestimmung erreichen.