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Gute Praxis

Generationenwechsel im Betriebsrat

Einführung

Bereits heute schlägt sich der demografische Wandel in den Altersstrukturen vieler Unternehmen nieder: das Durchschnittsalter der Beschäftigen wird immer höher. Die volle Wirkung des demografischen Wandels wird sich jedoch erst im kommenden Jahrzehnt entfalten, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen. Unternehmen werden mit mehreren Herausforderungen konfrontiert: frei werdende Stellen mit qualifizierten Menschen nach zu besetzen und den Wissenstransfer zwischen den Generationen rechtzeitig einzuleiten.

Auch für Betriebsräte selbst wird es ein drängendes Thema. Denn auch sie werden immer älter: die Hälfte der Betriebsratsmitglieder ist im vorgerückten Alter von 46-59 Jahre (Greifenstein/Kißler 2014, Wen Betriebsräte repräsentieren). Durch die bevorstehende Welle von Altersabgängen in den Betriebsratswahljahren 2018 und 2022 droht der Verlust von Kontinuität und langjährig erworbenem Erfahrungswissen.

Gibt es Maßnahmen und Methoden um den Generationenwandel im Betriebsrat gut zu bewältigen? Um diese Frage zu beantworten, wurden alle Projekte in den Blick genommen, die bislang von Betriebsräten beim „Deutschen Betriebsrätepreis“ eingereicht worden waren und sich mit dem Thema Generationenwechsel und Wissenstransfer im BR befassten. In Interviews mit den Beteiligten konnten der aktuelle Stand, die nachhaltige Wirkung, Hintergründe und betriebliche Strukturen erfragt werden. Am Ende entstanden Porträts von Betriebsräten aus sechs Unternehmen mit spannenden Antworten und Lösungen. Allen beteiligten Akteuren danken wir an dieser Stelle sehr herzlich für ihre Bereitschaft und Zeit!

Ergänzt werden die Ergebnisse um ein Experteninterview mit Britta Bertermann, ehemalige Wissenschaftlerin an der TU Dortmund. Sie arbeitete u.a. an der Frage auf welchen unterschiedlichen Wegen Wissenstransfer in Betriebsratsgremien stattfinden kann. Ein Ergebnis der Arbeit war der von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Werkzeugkasten für Betriebsräte, dessen Umsetzung mit Betriebsräten erprobt ist.

Viele Betriebsräte schilderten, dass die Anforderungen an die Betriebsratstätigkeit im letzten Jahrzehnt zugenommen haben. Aufgabenbereiche der Betriebsräte sind komplexer geworden, erfordern gleichzeitig hohes Fachwissen und vielfältige außerfachliche Kompetenzen. Um zukünftig Entwicklungsprozesse aktiv mitgestalten zu können, ist ein Aufbau von Qualifikationen erforderlich. Diese Aufgabe wird besonders neuen Betriebsratsgenerationen zukommen.

Die Beispiele sind Antworten auf die Frage: Gibt es Maßnahmen und Methoden um den Generationenwandel im Betriebsrat gut zu bewältigen? In den Projekten sind Maßnahmen zu finden, die auf den Erwerb von fachlichen, sozialen und methodischen Kompetenzen abzielen:

  • Systematische Erfassung von Qualifikations- und Kompetenzstrukturen
  • Ist- und Sollanalysen über Fachwissen und Fähigkeit
  • Jährlich stattfindende Qualifizierungs- und Kompetenzentwicklungsgespräche

Aus den Diskussionen lässt sich ableiten, dass zukünftiger Wissenstransfer nicht nur auf Weitergabe von langjährigem Wissen beschränkt ist, sondern Transfer von aktuellem Fachwissen in einem breiten Kompetenzfeld beinhaltet. Die Debatten um Wissenstransfer in den Gremien haben gezeigt, dass die Weitergabe von erfahrungsbasiertem Wissen eine essentielle, aber nicht die einzige Aufgabe der Zukunft sein wird. Im Sinne einer Befähigung von Betriebsräten ist der Aufbau von Fachwissen in Kombination mit vielfältigen überfachlichen Kompetenzen eine genauso große Aufgabe.

Cover MBPraxis Nr. 8

Generationenwechsel im Betriebsrat

Wissens­management und Nachfolgeplanung im Betriebsrat.

Mitbestimmungspraxis, Nr. 8. Düsseldorf 2017 von Julia Massolle und Claudia Niewerth

Was tun Betriebsräte, um ihren Generationenwechsel gut zu bewältigen? Mit dieser Frage durchforstete das Team Projekte, die für den Betriebsrätepreis eingereicht wurden. Sechs Betriebsräte wurden zum Umsetzungsstand und ihren Erfahrungen befragt.

Das tun Betriebsräte - Ergebnisse im Überblick

Vor der Betriebsratswahl:

  • Mögliche Kandidaten für die Wahl zum Betriebsrat werden vom Gremium oder den/die Vorsitzende/n identifiziert und durch erfahrene Kolleginnen und Kollegen eingearbeitet.
  • Unternehmensbezogenes Wissen und Erfahrungen werden in eigens entwickelten Mitbestimmungsakademien und Bildungsseminaren entwickelt.
  • Ehemalige Mitglieder der Jugend- und Ausbildungsvertretung werden gezielt und systematisch angesprochen und in die Arbeit des Betriebsrates einbezogen.
  • Das Betriebsratsbüro wird als Station im Ausbildungsplan verankert.

Nach der Betriebsratswahl:

  • Mappen mit wichtigen Informationen zur ersten Orientierung stehen zur Verfügung. Dazu gehören auch Informationen über erste Schritte und Seminarangebote wichtiger Bildungsträger.
  • Tandem- und Mentoringprogramme zwischen erfahrenen und neuen Betriebsräten werden gebildet.
  • Hausinterne Seminare, als Ergänzung zu Grundlagenseminaren, mit unternehmensspezifischen Details und Problemen werden konzipiert und durchgeführt.
  • Es entsteht ein Angebot mit Qualifizierungsmaßnahmen über das gesetzliche Maß hinaus.
  • Neuen Betriebsräten werden Datenbanken zur Verfügung gestellt, die interne Informationen und Material von früheren Seminaren bereithalten.
  • Neue Betriebsräte werden bei der Organisation von Ausschüssen durch Mitarbeiter des Betriebsrates unterstützt.

Weitere Maßnahmen, die Wissenstransfer anregen können:

  • Expertenwissen bündeln; Strukturen aufbauen, die bedarfsgerecht und transparent sind.
  • Vorträge und Referate im Betriebsratsgremium über Inhalte nach Seminarbesuch.
  • Frühes Heranführen an Aufgaben und Verantwortung übernehmen lassen.

Voraussetzungen, um erfolgreich diese Themen zu bearbeiten:

  • Eine Bedingung um umsichtig und frühzeitig zu handeln, ist eine offene und ehrliche Diskussionskultur. Die Weitergabe von Wissen schwächt nicht die eigene Position, sondern wirkt verstärkend für das Gremium im Sinne einer nachhaltigen Mitbestimmung.
  • Wichtig ist, dass das gesamte Gremium in diesen Entwicklungsprozess eingebunden ist.

Sorgen und Befürchtungen:

  • In mehreren Gesprächen wurden die Befürchtung und die Sorge formuliert, dass es langfristig Schwierigkeiten bereiten könnte, qualifizierten Nachwuchs für die Betriebsratstätigkeit zu begeistern und zu gewinnen. Als Grund hierfür wurde nahezu einhellig genannt, dass Betriebsratstätigkeit für jüngere Beschäftigte nicht attraktiv sei. Gerade in den letzten zehn Jahren sei der Anspruch an Betriebsratsarbeit stetig gestiegen: vielfältige Kompetenzen, häufig massiver Druck und psychische Belastungen.
  • Ein weiteres Problem besteht darin, dass es heißt: Einmal BR, immer BR. Die Möglichkeit sich beruflich umzuorientieren sei nicht einfach. Antworten und Lösungen müssen daher einerseits auf mehr Qualifikation abzielen und andererseits die Betriebsratstätigkeit durchaus als zeitlich begrenzte berufliche Herausforderung ansehen. Qualifikationen sollten sich nicht zu eng auf den unmittelbaren Tätigkeitsbereich konzentrieren. Ein möglicher Übergang in eine andere Tätigkeit kann hierdurch erleichtert werden. Betriebsratsarbeit kann als zeitlich befristete anspruchsvolle Aufgabe verstanden werden, die auch persönliche Weiterentwicklung ermöglicht.
  • Beachten sollte man, dass BR-Gremien großer Unternehmen tendenziell über mehr Ressourcen und notwendige Strukturen verfügen, um zukunftsweisende Themen zu bearbeiten. Hinzu kommt, dass ein großer Teil der interviewten Unternehmen über traditionsreiche Mitbestimmungsstrukturen verfügen mit sozialpartnerschaftlicher Umgebung.
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„Generationswechsel im Betriebsrat“: Ein Gespräch mit Britta Bertermann (TU Dortmund)

Was denken Sie ist generell wichtig, wenn man sich mit der Thematik auseinandersetzt?

„Eine frühzeitige Sensibilisierung und Bewusstseinsschaffung für das Thema sind wichtig. Dies ist der grundlegende Schritt. Befürchtungen oder Strukturen im Sinne von Wissen ist Macht müssen abgebaut werden. Das Thema muss offensiv und transparent in den Gremien angegangen werden. Im besten Fall werden andere Mitbestimmungsakteure, sprich gewerkschaftliche Bildungsträger oder externe Berater mit weiteren Unterstützungsmaßnahmen hinzugezogen. Handlungshilfen sind gefragt, die praktische Beispiele und konkrete Tools aufzeigen.“

A.T.U.: Schützenhilfe für neue Betriebsräte

Expertenwissen bündeln und zielgerichtet weitergeben

A.T.U (Auto-Teile-Unger-GmbH) ist Werkstattdienstleiter und Serviceanbieter für Autos. Durch ein großes Filialnetz mit ca. 580 Niederlassungen ist A.T.U bundesweit aktiv.

Das Projekt Schützenhilfe für neue Betriebsräte wurde 2011 vom Gesamtbetriebsrat der A.T.U beim Deutschen Betriebsrätepreis eingereicht. Es entstand aus der Notwendigkeit heraus, angehende und frisch gewählte Betriebsräte im besonderen Maß zu unterstützen. 2002 wurde erstmals in dem vor 31 Jahren gegründeten Unternehmen ein Betriebsrat in einer der Filialen gegründet – gegen den erheblichen Widerstand des mittleren Managements. In dieser Situation wurde nach einer strategischen Lösung gesucht, um BR-Kollegen vor Ort zu unterstützen und weitere Betriebsratswahlen zu erreichen.

A.T.U.-Projekt

Im Zuge des Projektes wurden sehr konkrete Unterstützungshilfen entwickelt: Filialen konnten sich an den Gesamtbetriebsrat wenden, der zentral die Wahlen organisierte und durchführte. Dazu gehörte das Bereitstellen von Musteraushängen und Musterschreiben jeglicher Art. Darüber hinaus konnten frisch gewählte Betriebsratsmitglieder auf ihrem Weg in die Betriebsratsarbeit unterstützt werden. Eine Info-Mappe bündelte alle wichtigen Informationen, informierte über erste notwendige Schritte als BR und stellte Seminarangebote wichtiger Bildungsträger bereit.

Das Projekt wurde im Wesentlichen von einem engagierten Mitglied des Gesamtbetriebsrats betreut. Als „echter Experte“ auf diesem Gebiet professionalisierte er die Vorgehensweise und bündelte das lang erworbene Wissen.

Sobald jemand gesagt hat: „Wir würden gerne einen Betriebsrat wählen“, lief eine Maschinerie an, die durch den Gesamtbetriebsrat unterstützt wurde. Die Wahl war dann innerhalb kürzester Zeit über der Bühne.

Gesamtbetriebsratsmitglied

Die Vorgehensweise brachte den gewünschten Erfolg: in nur drei Jahren wurden in ca. 300 Filialen Betriebsräte gewählt. Wurden zu Anfang bis zu 12 Wahlvorstände im Monat betreut, hat sich die Zahl auf 2-3 pro Monat reduziert. Dass längst nicht alle Filialen eine eigene Vertretung wollen, ist u.a. durch bundesweit gültige Betriebsvereinbarungen erklärbar, in denen wichtige und grundsätzliche Eckthemen übergreifend geregelt sind.

Bis heute wird diese Art der Unterstützung gelebt – wenn auch in einer an den Bedarf angepassten Form. Anfragen der Filialen werden heute von einem Team aus mehreren Gesamtbetriebsratsmitgliedern bearbeitet, welche sich die Aufgaben hierzu aufteilen. Die Info-Mappe wird heute noch an neue Betriebsräte verteilt. Kritisch wird jedoch angemerkt, dass eine solche Mappe für die erste Zeit hilfreich ist, langfristig jedoch die Betriebsratsarbeit als solche individuell durch Erfahrungen erlernt werden muss.

Wir begleiten sie so ein bisschen ins Leben, machen die Stützräder ab und dann müssen sie schon selber fahren.

Gesamtbetriebsratsmitglied

Im Rückblick hat das zielgerichtete Abgreifen von Expertenwissen maßgeblich dazu geführt, dass die Akzeptanz des Managements gegenüber der Mitbestimmung deutlich gestiegen ist. In den letzten 10 Jahren war ein grundsätzlicher Wandel in der Mitbestimmungskultur zu beobachten: Die Betriebsräte genießen mittlerweile ein hohes Vertrauen, auch weil sie sich in Krisenzeiten als loyale und kompetente Partner gezeigt haben. Der Gesamtbetriebsrat wird über das gesetzliche Maß hinaus in unternehmensstrategische Entscheidungsprozesse eingebunden und gestaltet diese mit eigenen Ideen und Vorstellungen teilweise mit. So ist es beispielsweise gelungen, eine bundesweit gültige Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung abzuschließen mit einer Laufzeit von acht Jahren.

Der Traum, den jeder immer hegt ist, dass ein Betriebsrat nicht nur informiert wird, sondern dazu eingeladen wird mitzugestalten.

Gesamtbetriebsratsmitglied

Damit einhergehend hat mit den Jahren eine Professionalisierung im Gremium stattgefunden. Einzelne Mitglieder haben sich mehr und mehr auf Themen spezialisiert und betreuen diese Gebiete auch auf der Unternehmensseite maßgeblich mit, etwa beim betrieblichen Eingliederungsmanagement, dem betrieblichen Vorschlagswesen oder als Integrations- und Gleichstellungsbeauftragte.

Dem demografischen Wandel blickt man derzeit noch relativ gelassen entgegen. Im Sinne einer langfristigen Nachfolgeplanung schaut man sich bereits jetzt nach potenziellen Nachfolgern um. Dass das Wissen noch zielgerichteter und im betrieblichen Alltag vermittelt wird, ist aufgrund der breit gestreuten Niederlassungen schwierig umzusetzen. Ein informeller Austausch zwischen „Tür und Angel“ ist nur bedingt möglich. Durch die örtliche Streuung muss für ein Treffen fast immer ein fester Termin vereinbart werden.

Ebenso kritisch wird eine langfristige Nachfolge von Betriebsratskollegen auf der Bundesebene betrachtet. Kollegen erklären sich immer seltener bereit, sich über die Tätigkeiten in der Filiale hinaus zu engagieren. Das liegt nach Meinung der Betriebsräte an zwei Gründen:

  1. Zum einen bringt es die Struktur der A.T.U mit, dass Gesamtbetriebsratsmitglieder viel und häufig unterwegs sind, was das Amt als solches unattraktiv erscheinen lässt.
  2. Durch die rasant fortschreitende technische Entwicklung scheuen sich gerade Mechaniker und Mechanikerinnen davor, für vier oder mehr Jahre aus dem Beruf auszusteigen. Das Risiko, nach der Betriebsratsarbeit nicht mehr in den eigenen Beruf zurückkehren zu können, ist vielen Beschäftigten zu hoch.

Als Fazit bleibt festzustellen, dass es den Betriebsräten bei A.T.U. geglückt ist, Mitbestimmungsstrukturen aufzubauen und nachhaltig zu integrieren. Gleichzeitig ist A.T.U. ein Beispiel dafür, wie gebündeltes Wissen zielgerichtet eingesetzt und abgerufen werden kann. Bis heute wird auf die Struktur zurückgegriffen, man hat nachhaltige Wirkungen erreicht. Bezogen auf den demografischen Wandel zeigen sich aktuell noch keine Problemlagen. Absehbar ist jedoch, dass es langfristig immer schwieriger wird, Beschäftigte für das Amt als Betriebsrat zu gewinnen. Eine Aufgabe wird es sein, langfristige berufliche Perspektiven für eine Zeit nach der Betriebsratstätigkeit zu ermöglichen.

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„Generationswechsel im Betriebsrat“: Ein Gespräch mit Britta Bertermann (TU Dortmund)

Gibt es Faktoren, die die Bearbeitung des Themenfeldes Nachfolgeplanung erschweren?

"Ja, gegenseitiges Vertrauen und die generelle Arbeitsatmosphäre im Gremium. Gibt es junge, nachrückende Mitglieder, die in absehbarer Zeit einen bestimmten Verantwortungsposten übernehmen sollen? Können sich alle Personen auf einen potenziellen Nachfolger bzw. eine Nachfolgerin einigen? Wir haben erlebt, dass gerade bei Posten mit Verantwortung oft Machtkämpfe auftreten. Haben andere ebenfalls auf den Posten ein Auge geworfen? Teilweise bildeten sich verschiedene Lager in den Gremien. Gibt es unterschiedliche Gewerkschaften im Gremium? Gibt es Machtgefälle? Man muss wissen, dass Wissen als Machtressource betrachtet wird, weshalb dann z. B. Informationen nur sehr selektiv weitergegeben werden."

B. Braun: Themengerechte Qualifizierung und Weiterbildung

„Kümmert euch mal drum, wie man junge, neue Betriebsräte qualifizieren kann.“

Das Unternehmen B. Braun Melsungen AG ist in der Medizintechnik aktiv und beschäftigt weltweit über 60.000 Beschäftigte. Am Hauptsitz in Melsungen sind ca. 7.000 Personen beschäftigt. Das Verhältnis mit dem Arbeitgeber wird von den Betriebsräten als sozialpartnerschaftlich beschrieben. Der Betriebsrat am Hauptsitz besteht aus 33 Mitgliedern mit neun freigestellten. Verstärkt werden die Mitbestimmungsstrukturen durch ca. 60 Vertrauensleute.

B. Braun - Projekt

Der Betriebsrat reichte 2010 das Projekt Qualifizierung und Weiterbildung von Betriebsräten ein. Bereits 2006 hatten junge Betriebsratskollegen sich mit dem Thema beschäftigt. Der Beginn war ein von der IG BCE organisiertes Seminar mit dem Namen Klubb 200, das sich an ehrenamtlich aktive junge Funktionäre richtete. Im Rahmen dieses Seminares waren die Teilnehmenden angehalten ein reales eigenständiges Projekt durchzuführen. Weil nach der Betriebsratswahl 2006 der Beschluss gefasst war, die Qualifikation der Betriebsräte zu systematisieren und zu professionalisieren, konnte das Projekt genau daran anknüpfen.

Kümmert euch mal drum, wie man junge, neue Betriebsräte ein Stück weit qualifizieren kann.

Betriebsratsmitglied

Bis zu diesem Zeitpunkt verlief die Teilnahme der Betriebsräte an Seminaren unkoordiniert und ohne konkrete Ziele. Die Betriebsräte entschieden meist ausgehend von individuellen Präferenzen an welchem Qualifizierungsangebot sie teilnehmen wollten. Die Folge war, dass sich das Gremium nicht systematisch nach Bedarf weiterbildete. Mit den übergeordneten Zielen den Qualifikationsstand des gesamten Betriebsratsgremiums zu erhöhen und individuelle Schwerpunkte bei der Betriebsratsarbeit zu bilden, konnte im Projekt ein Qualifizierungskonzept entwickelt werden.

Zunächst verschaffte man sich einen Überblick und dokumentierte den Qualifikationsstand eines jeden Mitglieds in einer Qualifikationsdatenbank. Orientiert an aktuellen Handlungsbedarfen wurden im zweiten Schritt Themenschwerpunkte entwickelt und diese priorisiert. Im letzten Schritt wurde der Qualifikationsstand mit den aktuellen Themenschwerpunkten kontrastiert, wodurch die Qualifizierungsbedarfe offensichtlich wurden.

Um sich entsprechend des Bedarfs zielgerichtet zu qualifizieren, wählten die Betriebsräte thematische Schwerpunkte (z. B. Arbeitssicherheit, Entlohnungsgrundsätze), in denen sie sich von da an ausbilden ließen. Auch wurde festgelegt, dass bevor ein solcher Schwerpunkt gewählt wird, der Besuch aller Grundlagenseminare zwingend vorausgesetzt ist. Des Weiteren wurde ein jährliches Qualifizierungsgespräch eingeführt, in dem der Fortschritt und weitere Verlauf der Qualifizierung besprochen wird.

Die Inhalte des Projektes werden bis heute gelebt.

Man merkt, ob jemand die Grundlagenseminare und Fachseminare besucht hat. Die Kommentare zu verschiedenen Themen sind anders.

Betriebsratsmitglied

Um den Transfer von Wissen voranzubringen, wurde in der Geschäftsordnung des Betriebsrates vereinbart, dass alle Mitglieder nach dem Besuch eines Seminars anschließend über die Inhalte im Gremium referieren und berichten müssen. Unterlagen liegen in einer zentralen Datenbank und können nach Bedarf eingesehen werden.

Besser qualifiziert zu sein ist nicht nur bei der thematischen Bearbeitung im Gremium und der Argumentation mit dem Arbeitgeber wichtig, sondern auch im täglichen Umgang mit den Beschäftigten. Das unterstreichen die Betriebsräte. Gerade die nicht freigestellten Betriebsräte sind im Unternehmen die ersten Ansprechpartner, wenn es um alltägliche Fragen geht. Für die Außenwirkung des Gremiums ist es wichtig, auf Fragen kompetent und umsichtig zu antworten. Die Spezialisierung auf Fachgebiete ist wegen wachsender Komplexität der Themen notwendig. Bleibt eine Spezialisierung aus, werden Sachverhalte zu oberflächig behandelt und Interessen der Belegschaft womöglich nicht umsichtig vertreten.

Den Entwicklungen angesichts des demografischen Wandels wird gelassen entgegengeblickt – auch weil bereits in der Vergangenheit wichtige Grundlagen hierfür gelegt wurden.

Zu der Frage der Demografie ist meine feste Überzeugung sind wir gut aufgestellt. Wir haben in dem freigestellten und nicht freigestellten Bereich die Jahrgänge gut abgedeckt.

Betriebsratsmitglied

Liegt das allgemeine Durchschnittsalter der Belegschaft bei 47, ist dieses im Gremium mit durchschnittlich 40 Jahren deutlich niedriger. Den Hauptgrund sehen die Betriebsräte darin, dass gute Arbeit bei der Jugend- und Ausbildungsvertretung in der Vergangenheit geleistet wurde. Überschreiten die Interessenvertreter der Jugend- und Ausbildungsvertretung das Alter, in dem sie dort aktiv werden können, werden diese gezielt angesprochen.

Ein weiteres Instrument, wie gerade junge Beschäftige auf die Betriebsratsarbeit aufmerksam gemacht werden können, ist das Betriebsratsbüro selbst. Es ist eine Station in der Ausbildung für die kaufmännischen Auszubildenden. Für 6 Wochen arbeiten die Auszubildenden entweder im Betriebsratsbüro oder in der Personalabteilung. Hierdurch werden Jugendliche mit Themen und Arbeitsweisen des Betriebsrates vertraut.

Ist es absehbar, dass mit der kommenden Betriebsratswahl vermutlich neue Betriebsräte ein Mandat für die Freistellung erhalten, besteht mit dem Arbeitgeber eine besondere Vereinbarung: im Sinne eines gelingenden Wissenstransfer werden sie bereits ein halbes Jahr vor der eigentlichen Wahl von ihrer Arbeit freigestellt. Im Zuge eines Patenprogrammes erhalten sie die Möglichkeit in dieser Zeit eine erfahrene Betriebsrätin oder einen erfahrenen Betriebsrat zu begleiten. Mit der Wahl zum Betriebsrat sind diese dann schon mit den Aufgaben und Tätigkeitsbereichen vertraut.

Das ist quasi das, was wir vom Arbeitgeber fordern. Wenn wir wissen morgen geht der Superexperte in Rente, dann erwarten wir ja, dass ein halbes Jahr vorher der Nachfolger schon da ist.

Betriebsratsmitglied

Diese besondere Abmachung mit dem Arbeitgeber unterstreicht die sozialpartnerschaftliche Kultur zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Fazit: Mit dem Projekt wurde die Qualifizierung von Betriebsräten nach den thematischen Bedarfen neu ausgerichtet und systematisiert. Dabei konnten systematisch und zielgerichtet die Aufgaben geteilt und Spezialisierungen der einzelnen Betriebsratsmitglieder erreicht werden. Das Projekt hat bewirkt, dass sich fachspezifische Experten entwickelt haben, die mit ihrem Wissen tiefgründig argumentieren können. Einem Generationswechsel begegnet das Betriebsratsgremium weitsichtig, weswegen bereits jetzt das Gremium durchschnittlich jünger als die übrige Belegschaft ist.

Salzgitter Flachstahl: Mitbestimmungsakademie für potentiellen Nachwuchs

„Die Betriebsräte fühlten sich deutlich besser auf ihr Amt vorbereitet“

Die Salzgitter Flachstahl GmbH produziert Rohstahl. Das traditionsreiche Unternehmen der Montanindustrie mit ca. 6.000 Beschäftigten verfügt über einen Organisationsgrad von 91,7%. Die Mitbestimmung wird von 29 freigestellten Betriebsräten und zusätzlich durch einen freigestellten Vertrauenskörper-Leiter sichergestellt.

Der Betriebsrat der Salzgitter Flachstahl GmbH reichte 2012 das Projekt Mitbestimmungsakademie beim Deutschen Betriebsrätepreis ein. Das Ziel der Akademie war, Betriebsräte schon vor der eigentlichen Tätigkeitsübernahme auf ihre Aufgaben vorzubereiten. Es zeichnete sich ab, dass mit den kommenden Betriebsratswahlen in den Jahren 2014 und 2018 ein Generationenwechsel stattfinden würde. Seitens des Betriebsrates wurde befürchtet, dass durch so einen Wechsel über Jahrzehnte aufgebaute Strukturen und Wissen verloren gehen könnten. Um diese möglichen Konsequenzen abzuschwächen, entstand die Idee der Mitbestimmungsakademie.

Betriebsratsarbeit ist kein Automatismus. Man muss den Beruf wie eine Ausbildung erlernen.

Betriebsratsmitglied

Die Mitbestimmungsakademie wurde erstmals 2010 angeboten. Das Angebot richtete sich an Beschäftigte, die Interesse zeigten, sich mit der kommenden Wahl als Betriebsrat aufstellen zu lassen. Die Teilnehmenden hatten sich bereits als Vertrauenspersonen für die Interessen der Beschäftigten eingesetzt.

Es gab einen regelrechten Andrang in die Akademie aufgenommen zu werden.

Betriebsratsmitglied

Den Teilnehmenden wurde drei Jahre lang alle drei Monate für einen Tag Wissenswertes rund um Mitbestimmung vermittelt. Zusätzlich fand einmal im Jahr ein Wochenendseminar statt. Pro Jahrgang gab es 15 Teilnehmende. Kompetenzen wurden vermittelt zu politisch-historischen, methodischen, fachlichen und sozialen Themen. Zum einen wurde betont, dass es wichtig sei zu verstehen, wie und warum es in der Montanindustrie die erweiterten Mitbestimmungsrechte gibt. Zum anderen bot die Mitbestimmungsakademie die Möglichkeit die individuellen persönlichen Kompetenzen zu erweitern. So wurden auch organisatorische Grundlagen vermittelt oder Präsentationstechniken erlernt. Fachliche Kompetenz umfasste Basiswissen in Bezug auf die spätere Betriebsratsarbeit. Dazu gehörte ein Training zum Entstehungsprozess von Betriebsvereinbarungen. Soziale Kompetenzen wurden u. a. mit Kommunikationstechniken und Rhetorik erweitert. Mit dem Abschluss der Mitbestimmungsakademie erhielten die Teilnehmenden ein Zertifikat, das auch von der Arbeitgeberseite als Zusatzqualifikation akzeptiert und anerkannt ist. Selbst ohne Funktion als Betriebsrat, konnten die Beschäftigen einen Mehrwert aus der Akademie gewinnen.

Im Gespräch betont der Verantwortliche des Projektes, mit der Mitbestimmungsakademie jungen Betriebsräten Unsicherheiten zu Anfang ihrer Amtsperiode genommen und Orientierung gegeben zu haben. Ein Ziel war es eine bessere Verknüpfung zwischen der durch (gewerkschaftliche) Seminare vermittelten Theorie und der betrieblichen Praxis herzustellen. Die Betriebsräte schildern in dem Zusammenhang, dass die üblichen Seminare einen guten theoretischen Einblick geben, die Anwendung auf der betrieblichen Ebene jedoch zu kurz kommt; auch sind die Seminare naturgemäß allgemein gehalten. Daher war es Ziel der Mitbestimmungsakademie den angehenden Betriebsräten durch kleinere Projekte den unmittelbaren Anwendungsbezug hinter den theoretischen Grundlagen zugänglich zu machen. Mit der Entwicklung eines eigenen Konzeptes wurde die Möglichkeit gesehen ein Seminar zu gestalten, in welchem die unternehmerischen Besonderheiten und Bedürfnisse vordergründig behandelt werden. Wichtig war es daher den Organisatoren, dass Verständnis für die spezielle Mitbestimmungs- und Einflusskultur bei Salzgitter Flachstahl und die Prozesse der Mitbestimmung vermittelt wurden.

Die Seminare wurden anfangs durch einen älteren und erfahrenen Betriebsratskollegen durchgeführt. Nachdem dieser in Rente gegangen war, übernahmen jüngere Betriebsräte die Aufgaben. Ergänzend wurden externe Kommunikationstrainer, je nach behandeltem Thema, hinzugezogen. Das Projekt wurde nach anfänglicher Überzeugungsarbeit durch den Arbeitgeber finanziell und organisatorisch unterstützt. So wurden die Teilnehmenden für die Seminartage von ihrer Arbeit freigestellt. Der Arbeitgeber wollte das Projekt unterstützen, eine langfristig starke und kompetente Mitbestimmung ist arbeitgeberseitig erwünscht. Die Betriebsräte schildern zudem einen anderen wichtigen Effekt. Durch die Mitbestimmungsakademie erhielten Interessierte die Möglichkeit realitätsbezogene Einblicke in die Betriebsratsarbeit zu erhalten. Die Teilnehmenden konnten ihre Erwartungen und Vorstellungen mit der Realität vergleichen und überprüfen, ob das Interesse an der Betriebsratsarbeit tatsächlich Bestand hat. Man verhindert, dass Beschäftigte mit falschen Vorstellungen zum Betriebsrat kandidieren.

Die Leute konnten durch die Mitbestimmungsakademie ein Gefühl für die Betriebsratsarbeit entwickeln. Die wussten wie der Hase läuft.

Betriebsratsmitglied

Dass mit der Idee der Mitbestimmungsakademie das ursprüngliche Anliegen geglückt ist, bestätigen heutige Betriebsräte, die im Vorfeld die Mitbestimmungsakademie durchlaufen haben. Ca. 1/3 der Teilnehmenden pro Jahrgang sind Betriebsrat im Gremium geworden oder haben eine leitende Funktion bei den Vertrauensleuten eingenommen. Die positiven Rückmeldungen der ehemaligen Teilnehmenden überwiegen. Die ehemaligen Teilnehmenden wussten, wie die Betriebsratsarbeit organisiert ist, wodurch zeitaufwendige Einarbeitungsphasen weggefallen sind. Auch hatten die neuen Betriebsräte eine klare Vorstellung davon, welche eigenen Akzente und Ideen sie einbringen wollten.

Fazit: Salzgitter Flachstahl ist ein gutes Beispiel dafür, wie angehende Betriebsräte vor der eigentlichen Aufgabenübernahme Unterstützung erfahren können. Durch die Mitbestimmungsakademie wurde ein Instrument entwickelt, das zum einen wichtige allgemeine und theoretische Grundlagen sowie den unternehmensspezifischen Praxisbezug herstellt. Wertvolles Wissen kann auf kommende Generationen übertragen werden. Das Beispiel macht deutlich mit welchem zeitlichen Vorlauf angehende Betriebsräte vorbereitet und ausgebildet werden: hier sind es drei Jahre.

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„Generationswechsel im Betriebsrat“: Ein Gespräch mit Britta Bertermann (TU Dortmund)

Inwiefern war der Arbeitgeber gewillt Projekte – nicht zuletzt finanziell – mitzutragen? 

„Wir haben hier beides gefunden: Arbeitgeber, die durchaus bereit waren, die Wissenstransfermaßnahmen finanziell mitzutragen, als auch jene, die sich dagegen gewehrt haben. In Betrieben, in denen das Verhältnis zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber partnerschaftlich ist, sind die Arbeitgeber oft daran interessiert, auch langfristig einen starken Betriebsrat zu haben, mit dem man auf Augenhöhe verhandeln kann. Damit ein potenzieller Nachfolger frühzeitig eingearbeitet werden kann, ist teilweise eine zeitlich befristete, zusätzliche Freistellung erforderlich. Manche Arbeitgeber waren da kooperativer als andere.

Wir haben aber auch die andere Seite gesehen, wo Arbeitgeber bewusst versucht haben, solche Prozesse zu torpedieren. Bildungsmaßnahmen wurden nicht genehmigt. Auch wurde grundsätzlich bemängelt, dass Wissenstransfer und Nachfolgeplanung nicht zu den relevanten Themen der Betriebsratsarbeit passen, weswegen z. B. darauf bezogene Bildungsmaßnahmen nicht unterstützt wurden. Mitbestimmung sollte bewusst geschwächt werden.“

Stadtwerke Hannover/Enercity: Qualifikationen für die Zukunft

„Wenn wir inhaltlich-sachlich nicht die besseren Argumente haben, passiert hier gar nichts (…) das ist der komplett neue Anspruch an Betriebsratsarbeit.“ 

Enercity ist seit dem Jahr 2000 die Marke der Stadtwerke Hannover. Als Energieversorger für den Großraum Hannover beschäftigt das Unternehmen 2.500 Menschen. Der Betriebsrat besteht aus 19 Mitgliedern, wovon 7 freigestellt sind.

Das Projekt Kompetenzentwicklung für den Betriebsrat – von der Idee über das Konzept bis zur Umsetzung wurde 2010 beim Deutschen Betriebsrätepreis eingereicht und ist mit einem Sonderpreis ausgezeichnet worden. Dem Projekt waren Überlegungen über die zukünftige Kompetenzentwicklung der Betriebsräte vorausgegangen. Drei Beobachtungen wurden beschrieben, die dazu beigetragen haben, das Projekt zu entwickeln:

  1. Anforderungen an Betriebsräte sind deutlich gestiegen, was wachsende Kompetenzen und Qualifizierungen erforderlich macht.
  2. Im Hinblick auf die Zukunft des Unternehmens verstand sich schon damals der Betriebsrat als aktiver Gestalter und Ideengeber. Aber es bestand ein Gefälle von Fachwissen zwischen dem Arbeitgeber und der Interessensvertretung.
  3. Das Gremien verfügt über eine Mischung an Qualifikationen und Fachwisse, die nicht im engeren Sinn auf Betriebsratsarbeit ausgerichtet war.

Mit dem Projekt wollten die Betriebsräte mit einem gezielten Kompetenzentwicklungskonzept die Betriebsratsarbeit professionalisieren und sich fachspezifisch qualifizieren. Langfristig wurde das Ziel verfolgt die Handlungsfähigkeit der Betriebsräte zu stärken.
 

Wir brauchen nicht nur Schnelligkeit, sondern wir brauchen auch Qualität in der Denke,(…) Wir müssen Qualifizierung ohne Ende machen, wir brauchen ein Kompetenzentwicklungskonzept für den Betriebsrat.

Betriebsratsvorsitzender

Die Konzeptentwicklung startete bereits 2009 und wurde nach der Betriebsratswahl 2010 vorangetrieben. Im ersten Schritt wurde durch eine Ist-Analyse des Qualifikationsstands erfasst und darauf aufbauend wurde im nächsten Schritt überlegt, in welchen Bereichen und mit welchen Stärken sich die Mitglieder weiterqualifizieren können.

Bin ich kommunikationsstark? Bin ich ein Zahlenmensch? Kann ich irgendwas ­transformieren?

Betriebsratsvorsitzender

Berücksichtigt wurde, welche Anforderungen zukünftig gestellt werden und welches Fachwissen benötigt wird. Am Ende des Prozesses entstand ein Betriebsrats-Leitbild. Qualifizierungen sollten stattfinden, die nicht nur übliche Betriebsratsseminare waren, sondern umfassendere Zusatzausbildungen. Frühzeitig band der BR den Arbeitsdirektor in die Ideen ein. Dieser sicherte die Finanzierung der Maßnahmen zu. Sein Anspruch war einen starken Betriebsrat für die Zukunft haben zu wollen.

Von daher wünscht sich der Arbeitsdirektor einen professionell agierenden Betriebsrat mit dem er auch schwierige Themen auf Augenhöhe bewegen kann (...).

Betriebsratsvorsitzender

Man sammelte vielfältige Erfahrungen. Der Umgang mit Wissen, offenzulegen was man weiß, sensibel zu sein für Stärken und Schwächen, ist nicht einfach. Obwohl von Anfang an das Gremium in den Prozess eigebunden war und Einklang darüber bestand, dass solche Entwicklungen notwendig sind, haben nur einige Betriebsräte hiervon Gebrauch gemacht.

Das ist das dickste Brett, innerhalb des Betriebsrats (…), weil es einfach Dinge freisetzt und auslöst, die selbst das Positivste, negativ bescheinen lässt. Ist es eine Auslese? Darf ich nicht mehr Betriebsrat sein? Schaffe ich das? Werde ich den Anforderungen gerecht?

Betriebsratsvorsitzender

Das Projekt wird als Erfolg bewertet, da die Möglichkeit geschaffen wurde sich qualifiziert und umfassend weiterzubilden. Der Vorsitzende des Betriebsrats ist mehr denn je der Überzeugung, dass mit dem Projekt der richtige Weg eingeschlagen wurde sich als Betriebsrat zu professionalisieren.

Bei konsequenter Digitalisierung verlieren wir Aufgaben und Stellen, darum muss eine digitale Transformation gleich von Anfang an mitgedacht werden.

Betriebsratsvorsitzender

Die Vermutung, dass Betriebsratsarbeit komplexer und anspruchsvoller werden wird, hat sich bestätigt, gerade in der Energiebranche. Betriebsratsarbeit gewinnt an Bedeutung, gerade dort wo aktiv Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit in Zeiten höchster Unsicherheit unterstützt werden muss. Existenzielle Sicherungen wie Beschäftigungs- und Entgeltsicherung sind umso wichtiger.

Das ist jetzt anders. Die Leute machen sich Sorgen. Die Leute sehen was in der Energiewirtschaft so passiert oder ganz allein in der Gesellschaft und dass es kein Selbstverständnis mehr ist eine Beschäftigungssicherung für 10 Jahre zu kriegen. Dass es ein Wert ist.

Betriebsratsvorsitzender

Mit den Betriebsratswahlen 2018 und 2022 werden pro Wahlperiode etwa bis zu 5 Personen das Gremium verlassen. Bezüglich des Nachwuchses wird der Zukunft gelassen entgegengeblickt. Bei enercity finden sich hinreichend Kandidaten und Kandidatinnen. In Kooperation mit ver.di gibt es Überlegungen, Quereinsteigern den Weg in die Betriebsratsarbeit zu öffnen. Engagierten Beschäftigten, die aktiv die Interessen der Belegschaft vertreten wollen, dabei keinen idealtypischen Weg über den Vertrauenskörper durchlaufen haben, könnte so der Weg in die Betriebsratsarbeit erleichtert werden.

Eine Gefahr, dass mit Wechseln im Gremium wertvolles Wissen verloren geht, wird nicht gesehen. Neue Betriebsräte werden von erfahrenen Betriebsräten in die Ausschussarbeit eingearbeitet. Eine Datenbank mit Schulungsmaterial ist stets aktuell und weitere Ressourcen für die Ausschussarbeit stehen zur Verfügung. Neue Betriebsräte werden angeregt eigene Ideen zur Gestaltung der Arbeitswelt miteinzubringen. Querdenker können mit zukunftsweisenden Ideen die Betriebsratsarbeit mitgestalten.

Neues, frisches Denken reinkriegen (...). Nicht der Transfer von altem Wissen, von alter Denke, von alten Mechanismen (…) Wir wollen von der Zukunft her denken und nicht aus der Vergangenheit.

Betriebsratsvorsitzender

Herausforderungen für die Betriebsratsarbeit werden mit der Digitalisierung weiter wachsen. Für Betriebsräte der neuen Generationen bedeutet dies, dass der Druck qualifizierte Lösungen zu finden, steigen wird.

In der Vergangenheit konnte man vielleicht die Haltung haben 'einmal BR immer BR' ohne auf die eigene Weiterentwicklung Wert zu legen – das hält man heute nicht mehr durch.

Betriebsratsvorsitzender

Umso wichtiger wird es nach Einschätzung des Betriebsratsvorsitzenden sein, dass sich durch Spezialisierung die Aufgaben und das Fachwissen auf möglichst viele Mitglieder und somit Schultern verteilt.

Fazit: Nachfolgeplanung und Wissensmanagement werden bei enercity gelassen entgegengeblickt. Mit jeder Betriebsratswahl werden neue Köpfe und neues Wissen und Denken im Gremium begrüßt. Der Betriebsrat hat früh angefangen, Möglichkeiten für eine Professionalisierung von Betriebsratsmitgliedern zu schaffen. Über das gesetzliche Limit hinaus steht es Mitgliedern zu, sich spezifisches Fachwissen aufzubauen, um zukünftigen Herausforderungen mit notwendigem Fachwissen zu begegnen.

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„Generationswechsel im Betriebsrat“: Ein Gespräch mit Britta Bertermann (TU Dortmund)

Wie wurde die Nachwuchsproblematik in den Gremien diskutiert?

„Wir haben beides erlebt: Betriebsräte, die gar keine Probleme haben und Betriebsräte, die mit deutlichen Nachwuchsproblemen kämpfen. Das wurde vor allen durch die quantitative Befragung deutlich. Dort erlangte die Nachwuchsproblematik den zweiten Rang bei den Problemen im Betriebsrat. Es wird schwieriger, Leute zu finden, die sich für dieses Amt aufstellen lassen – gerade in Unternehmen mit befristeten Arbeitsverträgen. Oft werden auch Karrierenachteile befürchtet. Eine Freistellung wird häufig als Hürde betrachtet. Für junge Leute ist es attraktiver, eine Teilfreistellung zu nehmen oder das Amt nur für einen begrenzten Zeitraum auszuführen. Die Bereitschaft, sich wirklich langfristig danach zu orientieren, scheint in vielen Bereichen nachzulassen. Also das ist nochmal ein eigenes Problemfeld: die Suche nach und Motivation von Nachwuchs.“

Volkswagen Emden: Offene und ehrliche Diskussionen als Grundlage schaffen

„Also wir werden einen großen Umbruch hier bekommen.“

Das Volkswagen (VW) Werk in Emden ist einer von insgesamt 10 Produktionsstandorten in Deutschland. Dort arbeiten 9.000 Menschen. Die erweiterte Mitbestimmung im Werk ist eine lange Tradition, der Organisationsgrad liegt bei 98 %. Das Betriebsratsgremium in Emden umfasst 37 freigestellte Mitglieder. Ein wichtiges Element der Mitbestimmung sind die Vertrauensleute, aktuell ca. 500 Beschäftigte.

In der Vergangenheit hatte der Betriebsrat zwei Projekte beim Deutschen Betriebsrätepreis eingereicht, die sich mit Wissensmanagement und Nachfolgeplanung befassen. So wurden 2011 mit dem Projekt Mit System zum Erfolg nachhaltige Betriebsratsarbeit thematisiert und 2012 in dem Projekt Führung im Betriebsrat Qualifizierungsbausteine für Betriebsräte entwickelt. Beide Projekte sind das Ergebnis eines breiten und umfassenden Veränderungs- und Umstrukturierungsprozesses der internen Betriebsratsarbeit. Vorausgegangen waren Konflikte über Schwerpunkte, über strukturelle und organisatorische Vorgehensweisen. Mit dem Ziel einer grundsätzlichen Neuausrichtung wurde von 2007 bis 2009 unterstützt von externen Beratern, die Betriebsratsarbeit strategisch neu ausgerichtet. Konflikte wurden zunächst aufgearbeitet und anschließend konnte systematisch die Art und Weise der zukünftigen Betriebsratsarbeit erarbeitet werden.

Nachdem die Konflikte aus dem Weg geräumt waren, war es der notwendige Schritt auch die Arbeit zu überdenken.

Betriebsratsmitglied 3

Im Teamentwicklungsprozess wurden auch die Arbeitsorganisation und Kommunikation, der Umgang miteinander und die Führungskultur diskutiert. Die Betriebsräte bewerten den Prozess als absolut wertvoll. Die Betriebsratsarbeit ist nun besser gestaltet: strategische Ziele, systematische Vorgehensweisen und Organisation sowie vorausschauende Festlegung von Terminen. Bis heute wird das Konzept gelebt und mit der Zeit weiter entwickelt.

Im Hinblick auf demografische Umbruchprozesse geben die Betriebsräte an, dass mit dieser Neuausrichtung auch der Grundstein für eine offene Diskussion über Nachfolgeplanung und Wissenstransfer gelegt wurde. Erst hierdurch war es möglich über eine langfristig ausgerichtete Personalpolitik zu sprechen.

Und darum können wir heute offen sagen, Mensch, in drei Jahren oder in vier Jahren höre ich auf und wir müssen gucken, wer ist denn da gut für geeignet?

Betriebsratsmitglied 1

Wurden früher aus Sorge, die eigene Position zu früh zu schwächen oder um Machtkämpfe zu vermeiden, solche Themen verschwiegen, steht heute eine frühzeitige Planung im Sinne einer nachhaltigen Mitbestimmung im Vordergrund.

Wir machen das, weil das ist ja unverantwortlich zu sagen: ich höre nächste Woche auf und einen Tag vorher kommst du mal und arbeitest du mal.

Betriebsratsmitglied 1

Das Thema Generationenwechsel wird im Gremium bereits seit längerem diskutiert, da sich mit den anstehenden Betriebsratswahlen harte Umbrüche ergeben. Die erste Umbruchsituation ergibt sich 2018, wenn 8 Menschen altersbedingt nicht mehr zum Betriebsrat kandidieren bzw. im Laufe der Wahlperiode aus dem Gremium ausscheiden. Ein weiterer Umbruch wird im Jahr 2022 stattfinden: 2/3 der heutigen 37 Mitglieder werden altersbedingt das Gremium verlassen.

Kurz nach der letzten Betriebsratswahl wurde bereits offen über potenzielle Nachfolger diskutiert. Dabei konnten sich amtierende Betriebsräte selbst ins Gespräch bringen oder wurden von anderen vorgeschlagen. Ein Tandemmodell wird praktiziert. Ein Kandidat für den stellvertretenden Betriebsratsvorsitz legte seine ursprünglichen Aufgaben als Betriebsrat nieder. Seitdem wird er eingearbeitet und gefördert. Die Betriebsräte geben zu bedenken, dass man sich im Gremium auf diesen potenziellen Nachfolger ausrichtet, letztendlich jedoch die Belegschaft durch Wahl hierüber entscheiden wird. Diese Form des Tandems wird auch bei anderen Betriebsratsmitgliedern umgesetzt.

Fraglich ist, ob Betriebsratstätigkeit langfristig attraktiv ist. So wird von den Betriebsräten beschrieben, dass die Aufgaben vielfältiger und umfassender geworden sind. Parallel hat sich der Druck auf und die Arbeitsbelastung für den einzelnen Betriebsrat vergrößert. Betriebsräte fühlen sich als Spielbälle zwischen der Belegschaft und dem Unternehmen. Betriebsratsarbeit wird als psychisch belastend beschrieben. Es geht nicht nur darum gesetzliche Mitbestimmungsrechte umzusetzen, sondern sich darüber hinaus auf der persönlichen Ebene für einzelne Interessen einzusetzen.

Gerade in den Bereichen passiert es immer wieder, da kommen Kolleginnen und Kollegen, Betriebsräte, die (…) setzen sich um 8 Uhr an den Schreibtisch, wissen um halb neun haben sie Ausschuss (…), dann hat noch jemand angerufen: „Komm eine Viertelstunde eher, wir haben was dringendes zu besprechen.“(…) Vorher kommt noch eben ein Kollege rein und schreit: „Du musst mir helfen. Ich habe Freitag Urlaub angemeldet und ich kriege den nicht.“ Kommt der aus dem Ausschuss, regelt das vielleicht noch eben, (…) da heißt es, hier die nächsten Verträge laufen jetzt aus (…) Regelt das alles und eine Dreiviertelstunde später kommt ein Kollege und sagt: „Du, meine Frau hat sich gestern aufgehängt. Was machen wir denn jetzt?“ Das ist normal bei uns. Passiert nicht jeden Tag in der Dramatik, aber es ist auch nicht selten.

Betriebsratsmitglied 1

Und dann die Frage: wer reißt sich denn um diesen Job?

Betriebsratsmitglied 2

Vor der hohen Arbeitsbelastung schrecken talentierte und qualifizierte Beschäftigte zurück. Betriebsräte durchlaufen zwar ein breit ausgelegtes Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebot und haben sehr umfassende Kompetenzprofile, dies wird jedoch als fachliche Ausbildung von der Unternehmensseite nicht wirklich anerkannt.

Wir haben gute Leute, die sagen: „Ich bin super qualifiziert. (...) für zwei Perioden könnte ich mir das vorstellen, würde auch meiner Weiterentwicklung dienen.

Betriebsratsmitglied 3

Vor diesem Hintergrund würden die Betriebsräte die Möglichkeit begrüßen, die Betriebsratstätigkeit zeitlich begrenzt ausüben zu können.

Weil 25 Jahre Betriebsrat, davon bin ich überzeugt, hält in Zukunft keiner aus. Das hältst du nicht durch.

Betriebsratsmitglied 2

Dies setzt voraus, dass akzeptiert wird, das Amt niederzulegen und das fachliche Qualifizierungsprogramme nach oder neben der Betriebsratstätigkeit absolviert werden können.

Rückblickend beurteilen die Betriebsräte ihren Veränderungsprozess als Erfolg dafür, dass der Generationenwechsel weitsichtig vorbereitet ist.

Fazit: Der Betriebsrat bei VW in Emden bereitet seit einigen Jahren den Generationenwechsel vor. Grundstein ist eine offene Kommunikations- und Diskussionskultur, um potenzielle Nachfolger und Nachfolgerinnen frühzeitig einzuarbeiten. Eine Herausforderung ist es, langfristig Menschen für die Betriebsratsarbeit zu gewinnen. Dreh- und Angelpunkt wird sein, die Attraktivität der BR-Tätigkeit durch eine zeitliche Begrenzung und angemessene Qualifikationsprogramme während und nach der Betriebsratstätigkeit zu ermöglichen. Dann bleibt der Wechsel in den Betriebsrat und in andere berufliche Tätigkeiten weiterhin offen.

Volkswagen Nutzfahrzeuge: Entwicklung von passgenauem Seminarkonzept

„Das Mentoring hat richtig gut nachgewirkt“ 

VW Nutzfahrzeuge ist mit dem Standort in Hannover einer von insgesamt 10 Produktionsstandorten von Volkswagen in Deutschland, aktuell sind dort 15.000 Menschen beschäftigt. Das Betriebsratsgremium besteht aus 29 freigestellten Mitgliedern. Zusätzlich gibt es ca. 800 Vertrauensleute im Werk.

Mit dem Projekt Personal­entwicklungsmaßnahmen mit und für Betriebsräte gestalten, das 2010 beim Deutschen Betriebsrätepreis eingereicht wurde, verfolgte das Betriebsratsgremium im Wesentlichen zwei Ziele. Zum einen waren personelle Veränderungen im Gremium absehbar. So sollten neue Betriebsräte beim Übergang in die Betriebsratsarbeit unterstützt werden und zugleich anderen Betriebsräten Entwicklungspotenziale eröffnet werden durch individuelle Maßnahmen.

Was kann man tun für Betriebsräte in Richtung Personalentwicklung? Was kann über die reinen IG-Metall-Kurse angeboten werden? Was braucht man eigentlich noch?

Fachreferent 1 des Betriebsrates

Verschiedene Qualifizierungsbausteine, ausgehend von der individuellen Situation und Interessenslage konnten besucht werden. Die Qualifizierungsbausteine bestanden aus Spezialisierungskursen als fachspezifische Weiterbildung und aus Seminaren um Grundlagen zu vermitteln.

Haben wir gehört, dass der Sprung vom Vertrauensmann, -frau zum Betriebsrat, Betriebsrätin, der ist heftig und wie das in vielen Jobs so ist, ist da ein Praxisschock da. Und den wollten wir torpedieren.

Fachreferent 1 des Betriebsrates

In einem Starterworkshop wurden zunächst Themen identifiziert, die bei Neuen im Vordergrund stehen. Die Themen wurden in sogenannten Rucksackworkshops und im Mentoringprogramm aufgegriffen, Methoden und Rhetorikbasics vermittelt. Das Mentoringprogramm wurde von erfahrenden Betriebsratsmitgliedern geleitet, die in absehbarer Zeit in den Ruhestand eintreten.

Da haben wir gesagt: perfekt. Wir haben die Jungen, wir haben Ältere und da können wir die doch mit bestimmten Kursen und Themen zusammenbringen.

Fachreferent 2 des Betriebsratsgremiums

Über ein halbes Jahr trafen sich die neuen Betriebsräte mit den “alten Hasen“ an einem Tag in der Woche. Es entstand eine gute Balance zwischen Theorie, unternehmensbezogenen Praxisbeispielen und gemachten Erfahrungen. Gerade von dieser Form des Austausches waren die Teilnehmenden begeistert.

War eine unglaubliche Hilfe und die haben die Anlaufschwierigkeiten nicht gehabt.

Fachreferent 2 des Betriebsratsgremiums

Bislang wurde bei jeder Betriebsratswahl darauf zurückgegriffen. Ein Transfer des Konzeptes für die Vertrauenskörperleitung und Schwerbehindertenvertretung ist geglückt.

Ähnlich wie bei Volkswagen in Emden, werden bei VW in Hannover zu den BR-Wahlen 2018 bzw. 2022 oder im Laufe dieser Wahlperiode ca. 2/3 der jetzigen Mitglieder aus dem Gremium ausscheiden. Bereits jetzt werden potenzielle Nachfolger auf ihre Aufgaben vorbereitet. In der Geschäftsordnung steht, dass jüngere Kolleginnen und Kollegen sukzessive verantwortungsvolle Funktionen übernehmen.

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Die Jüngeren müssen viel eher in einen verantwortungsvollen Job rein in den nächsten Jahren, als das vor fünf, sechs, sieben Jahren der Fall war.

Fachreferent 1 des Betriebsrates

Besonders das Mentoring wird als wichtigstes Element für neue Betriebsräte bewertet.

Unbedingt machen, aber jeweils in den Zeitgeist reingucken (...).

Fachreferent 1 des Betriebsrates

Fazit: Bei Volkswagen bestehen besondere Strukturen und Regeln, weshalb der Generationenwechsel umsichtig vorbereitet werden kann. Kritisch wird eingeräumt, dass aufgrund dieser besonderen Strukturen das Konzept nur bedingt auf andere Unternehmen übertragen werden kann.

Auch bei Volkswagen Nutzfahrzeuge in Hannover sind bedarfsgerechte Maßnahmen integriert worden, um Neugewählte bei dem Übergang in den Betriebsrat zu unterstützen. Ein Seminarkonzept entstand mit einem besonderen Fokus auf einer Kombination aus Theorie, betriebsspezifischen Besonderheiten und wertvollen Erfahrungen. Das hilfreiche Instrument war das Mentoringprogramm, um Wissen an die nächste Generation weiterzugeben.

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„Generationswechsel im Betriebsrat“: Ein Gespräch mit Britta Bertermann (TU Dortmund)

Gibt es eventuelle Faktoren dafür, dass die Themen Wissensmanagement und Nachfolgeplanung nachhaltig behandelt werden?

„Wir haben da unterschiedliche Erfahrungen gesammelt. Dort, wo das gesamte Gremium mitgemacht hat oder dort, wo nur einzelne Mitglieder mitgemacht haben. Bei letzterem ist dies teilweise im Sande verlaufen oder wurde nicht vollständig umgesetzt. Wo das Gremium als Team gearbeitet hat, wurden die Maßnahmen arbeitsteilig umgesetzt. Oftmals gab es auch eine koordinierende Person, die die Umsetzungsprozesse kontrolliert hat und wo das Team gemeinsam gute Ergebnisse hervorgebracht hat. Kleinere und mittlere Gremien hatten es teilweise schwieriger. Gremien in Großbetrieben arbeiten teilweise professioneller, weil sie über ganz andere Ressourcen (z. B. finanzieller Art, Freistellungsmodalitäten) verfügen. Kleine und mittlere Gremien sind häufig auf externe Begleitung angewiesen, die den BR-Mitgliedern aufzeigt, an welchen Stellen es hakt und was man machen muss, damit der Prozess am Laufen bleibt.“ 

Weiterführende Informationen

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Die Uni Bremen betreibt zum Projekt "Spurwechsel" einen interessanten Blog.

Noch mehr 'Gute Praxis'

Es gibt viele gute betriebliche Lösungen zu aktuellen Problemen – entwickelt von und mit Betriebsräten. Wir zeigen einige und liefern Erfahrungen mit, wie neue Ideen verhandelt und kreativ umgesetzt wurden. Unsere Praxisbeispiele können Euch und Eurer Betriebsratsarbeit als Inspiration dienen. Bisher erschienen sind die folgenden Module: